ver.di sorgt für mehr Ver.dienst

Erste Abschlüsse in der laufenden Rundfunk-Tarifrunde

Die Tarifverhandlungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind in vollem Gange. Bei den meisten Rundfunkanstalten sind mit dem 31. März die Gehaltstarifverträge ausgelaufen. Der Hessische Rundfunk und das ZDF haben bereits einen Abschluss erzielt. In anderen Anstalten gab es zwar Verhandlungen, aber die Angebote waren mager. Beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) kam es zu beeindruckenden Warnstreiks.

Mehrere Hundert Redakteure, Angestellte, Techniker und freie Mitarbeiter des MDR sind am 3. April zum ersten Mal seit Bestehen der Rundfunkanstalt in einen zweistündigen Warnstreik getreten. Beschäftigte der Zentrale in Leipzig, die Landesfunkhäuser in Dresden, Erfurt und Magdeburg sowie die Hörfunkzentrale Halle zeigten auf diese Weise deutlich ihren Unmut über das Angebot der MDR-Geschäftsleitung in der ersten Verhandlung am 27. März. Mehrere Radioprogramme waren zeitweise unterbrochen. Unter anderem wurde der Sendebetrieb von „MDR Info“ für eine Stunde vollständig eingestellt. Auf Plakaten war zu lesen: „Hoppe, hoppe Reiter, wenn es mehr gibt, geht es weiter!“ oder „Fernsehen, Hörfunk, Bildschirmseiten – für gutes Geld zu allen Zeiten“.
Lediglich 2 Prozent ab 1.4.2009 und weitere 2 Prozent zum 1.10.2010 bei einer Gesamtlaufzeit von 36 Monaten legten die MDR-Geschäftsleitung auf den Tisch. Für ver.di, den DJV und die Deutsche Orchester Vereinigung (DOV) war das „nicht akzeptabel und nicht verhandlunsgfähig“. „Der MDR will die festen und freien Beschäftigten, die für den Erfolg des Senders sorgen, erneut unter Wert abspeisen“, dazu ver.di-Verhandlungsführer Michael Kopp. Obwohl MDR-Intendant Udo Reiter mehrfach versichert habe, man wolle sich künftig bei der Vergütung der Mitarbeiter mehr an der ARD orientieren, bestehe nach wie vor eine Lücke von mehr als 8 Prozent zu anderen Anstalten. „Allein dieser Abstand bedeutet in einer unteren Vergütungsgruppe ein Minus von etwa 230 Euro, in einer höheren Vergütungsgruppe bis zu 480 Euro monatlich“, rechnet Kopp vor. Die Gewerkschaften fordern die Anhebung aller Gehälter um 150 Euro im Monat und dazu eine Erhöhung der Einkommen um 8 Prozent bei einer Vertragslaufzeit von einem Jahr sowie ein wertgleiches Ergebnis für die freien Mitarbeiter.
Der Hessische Rundfunk erreichte am 16. März den ersten Tarifabschluss in der ARD – insgesamt 5,3 Prozent mehr für die Beschäftigten. Das sind jeweils 2,3 Prozent zum 1. April dieses Jahres und zum 1. Juni 2010. Es gibt Einmalzahlungen von 150 Euro im April 2009 und 300 Euro im Mai 2011 sowie Familienzuschläge einmalig im April 2009 von 150 Euro je Kind. Leider konnte kein tabellenwirksamer Sockelbetrag vereinbart werden, wie es die Tarifkommission beschlossen hatte. Auch die lange Laufzeit bis 2011 dürfte auf Kritik stoßen.
Nach drei harten Verhandlungsrunden hat ver.di und der DJV auch im ZDF ein Tarifergebnis erzielt. Die wichtigste Zahl: 5,7 Prozent mehr Gehalt im Durchschnitt. Die Anhebung erfolgt in mehreren Schritten: 500 Euro gibt es als Einmalzahlung. Zum 1. April 2009 wird jedes Tarifgehalt um einen tabellenwirksamen Sockelbetrag von 50 Euro angehoben. „Der Sockel wirkt sich in den unteren Gehaltsgruppen prozentual stärker aus“, erklärt Werner Ach, Verhandlungsführer der Gewerkschaften. „Diese soziale Komponente war für ver.di wichtig.“ Die Gehälter werden zweimal angehoben: zum 1. April 2009 um 2,9 Prozent und zum 1. Januar 2010 um weitere 1,3 Prozent. Alle Zuschläge, die Ausbildungsvergütungen sowie der Familienzuschlag werden entsprechend dynamisiert. Die Honorare für freie Mitarbeiter/innen werden zum 1. April 2009 um 3,5 Prozent und zum 1. Januar 2010 um 2 Prozent erhöht. Jeweils im Dezember 2009 und 2010 gibt es für Freie zusätzlich zur Jahressonderzahlung noch einmal 150 Euro. Das entspricht im Volumen der Tariferhöhung für Festangestellte.
Radio Bremen erhöht Honorare und Gehälter ab April um 2,3 Prozent. Es handelt sich hier erst um den Abschluss der Tarifrunde 2005/2006, für die es bisher lediglich Einmalzahlungen von insgesamt 675 Euro gab. Mit der kurzen Laufzeit des Vertrages bis zum 30. September 2009 hat Radio Bremen den Anschluss an die ARD geschafft. Bereits im Herbst kann so über die nächste Erhöhung – zeitgleich mit dem NDR – verhandelt werden.
Beim Saarländischen Rundfunk sind die Tarifverhandlungen am 13. März ohne Angebot der Geschäftsleitung ergebnislos vertagt worden. Weiter geht es am 29. April. Der ver.di-Senderverband bleibt bei seiner Forderung, die Einkommen um 300 Euro und zusätzlich um 3 Prozent zu verbessern sowie die Honorare im selben Volumen zu erhöhen. Auch beim SWR ging die Geschäftsleitung am 1. April nicht auf die Forderungen von ver.di ein. 5% mehr Gehalt in zwei Tranchen bei einer Laufzeit von zwei Jahren sowie eine Einmalzahlung von zirka 400 Euro waren das Angebot: Nächster Termin: 20. April.
Im WDR kam es im März zu einem „frostig-höflichen Auftakt“. Von sozialer Komponente und einer annehmbaren ordentlichen Gehaltserhöhung war die Arbeitgeberseite weit entfernt. Das änderte sich auch am 7. April nicht maßgeblich. Ein neuer Termin wurde nicht vereinbart. Auch beim Bayerischen Rundfunk stockt die Tarifrunde. Ein Angebot von 2,2 Prozent für dieses und 1,2 Prozent für nächstes Jahr wurde von ver.di am 4. März als „Provokation“ empfunden.

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