Verleger auf Eiszeitkurs

Honorare und Gehälter in Zeitungsredaktionen sollen eingefroren werden

Ergebnislos endete auch die zweite Runde der Tarifverhandlungen für freie Journalistinnen und Journalisten und die rund 14.000 Redakteurinnen und Redakteure bei Tageszeitungen. ver.di-Verhandlungsführer Frank Werneke machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. „Es spricht weder für eine professionelle Herangehensweise noch für eine große Einigkeit auf Seiten der Verleger, dass sie außer einem zweifelhaften Regionalisierungskonzept keinen einzigen weiteren Punkt aus ihrem Forderungspaket konkretisieren konnten. Eine zügige Verhandlungsführung sieht anders aus“, kritisierte er.


Das vom BDZV vorgeschlagene Regionalisierungskonzept hätte zur Folge, dass mehr als die Hälfte aller Redakteurinnen und Redakteure für mehrere Jahre keine Tariferhöhung bekommen würden. „Die Absicht der Verleger ist klar. Sie wollen ein dauerhaftes Auseinanderdriften der Lohnhöhen, also weitere Reallohnverluste. Zudem überrascht der BDZV damit, überregionale Zeitungen wie das Handelsblatt, Süddeutsche Zeitung oder Bild von der Tarifentwicklung abkoppeln zu wollen. Außerdem weigern sich die Verleger beharrlich, ein Gehalts- und Honorarangebot zu machen“, unterstrich der stellvertretende ver.di-Vorsitzende. Das Verleger-Konzept stelle einen Angriff auf den Flächentarifvertrag dar und sei für die betriebliche Praxis völlig ungeeignet. Denn es sehe vor, dass künftige Gehaltssteigerungen von der durchschnittlichen Kaufkraft im Verbreitungsgebiet der Zeitung abhängig seien. Nur bei im Vergleich zum Bundesgebiet überdurchschnittlicher Kaufkraft solle es Tariferhöhungen geben. In anderen Regionen sollen die Tarife eingefroren werden.
Statt die tief greifenden Veränderungen der Arbeit in den Redaktionen, die sich aus den fortschreitenden Digitalisierungsprozessen ergäben, tarifpolitisch zu gestalten, indem beispielsweise Online-Redakteurinnen und -Redakteure mit in den Tarif aufgenommen werden, setze der BDZV damit allein auf Verschlechterungen: „Billigjournalismus ist kein Geschäftsmodell mit Zukunft“, betont Werneke. In der nächsten Verhandlungsrunde am 9. Oktober in Berlin erwarte ver.di Vorschläge für einen Tarifvertrag, der einen qualitativ hochwertigen Journalismus auch künftig ermögliche.
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert für Freie, Festangestellte sowie Volontärinnen und Volontäre eine Erhöhung von Gehältern und Honoraren um 5,5 Prozent. Zudem sollen die Tarifverträge künftig auch für Journalistinnen und Journalisten gelten, die überwiegend für Onlineseiten oder auf Mobilgeräten verbreitete Publikationen der Zeitungsverlage arbeiten. Die Ausbildungsbedingungen müssen den crossmedialen Produktionsbedingungen angepasst werden.
Die dju will eine zukunftsträchtige, gute Arbeit für die Branche möglich machen und richtet sich daher auf eine schwierige Auseinandersetzung ein. Informationen dazu gibt es in den laufend erscheinenden Tarifinformationen, die auch direkt abonniert werden können: http://dju.verdi.de/geld/tarif-news

Jetzt eintreten

„Der Druck in den Redaktionen ist bereits bis an die Grenzen des Erträglichen gestiegen. Wenn der BDZV so offensichtlich Verschlechterungen durchsetzen will, dann ist es JETZT Zeit, sich in der dju in ver.di zu organisieren und gemeinsam in die Auseinandersetzung um gute Arbeitsbedingungen und die Zukunft des Journalismus zu gehen“, heißt es im jüngsten Mitgliederbrief der dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß. „Nachdem die Verleger auch den Manteltarifvertrag für die Redaktionen zum Jahresende gekündigt haben, bringt die Mitgliedschaft individuelle Sicherheit: Nur Gewerkschaftsmitglieder profitieren auch in Zukunft vom Schutz der manteltariflichen Regelungen, zu denen etwa die Sonderzahlungen und das Urlaubsgeld gehören. Wer Mitglied ist oder wird, sichert sich die Ansprüche darauf auch über den Kündigungszeitpunkt des Manteltarifvertrags hinaus.“Auf der Seite https://dju.verdi.de/rein sind alle Materialien und Informationen zur Nachwirkungskampagne der dju zu finden.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Altersdiskriminierung beim WDR?

Der WDR serviert freie Mitarbeiter*innen ab, die im Rentenalter für den Sender arbeiten wollen. Damit tut er genau das Gegenteil von dem, was in der öffentlichen Diskussion derzeit geraten wird. Während Angestellte sich also über Jahre hinweg auf einen Termin für ihren Ruhestand vorbereiten konnten, wird langjährigen freien Mitarbeiter*innen nun mit kurzer Frist mitgeteilt, wann für sie angeblich Schluss sein soll. Altersdiskriminierung will man beim WDR aber nicht erkennen – für den Sender gehe es vielmehr darum, jüngeren Mitarbeitenden nicht den Einstieg zu blockieren.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

ARD: Durchbruch in Tarifrunde

In dem seit Januar andauernden Tarifkonflikt in ARD-Rundfunkanstalten gibt es erste Verhandlungsergebnisse. Zum Wochenende hin konnte am Freitag (15. November) ein Ergebnis im SWR erreicht werden. Für ver.di ist das ausschlaggebende Ergebnis, dass neben sechs Prozent Tariferhöhungen in zwei Stufen über eine Laufzeit von 25 Monaten auch eine für mittlere und niedrige Tarifgruppen stärker wirkende jährliche Sonderzahlung so stark erhöht wurde, dass es nachhaltige Tarifsteigerungen zwischen sechs und über zehn Prozent gibt.
mehr »