Zu keinem Gespräch bereit

Seit Wochen (bis Redaktionsschluss) wird der Schwarzwälder Bote bestreikt. Die Geschäftsleitungen aller Gesellschaften des Unternehmens weigern sich, mit ver.di zu sprechen. Auf dem ver.di-Bundeskongress in Leipzig verabschiedeten die Delegierten eine Resolution, in der sie sich solidarisch mit den Belegschaften des Schwarzwälder Boten und der Nordwest-Zeitung erklärten.

Zum 1. März gliederte die Geschäftsleitung des Schwarzwälder Boten die Anzeigenabteilung und die Redaktion in zwei eigenständige, tariflose Gesellschaften aus. Die Druckvorstufe wechselte bereits im Jahr 2008 in die tariflose Firma Grafikbote Oberndorf. Tarifgebunden ist nur noch der Rumpf des Unternehmens, die Schwarzwälder Bote Mediengesellschaft und die Druckerei, das Druckzentrum Südwest. Von den tariflosen Auslagerungen sind rund 350 Mitarbeiter betroffen.
Doch auch der Kontakt mit den eigenen Beschäftigten wird nicht gewünscht. Am 14. September wollten die Streikenden mit Verleger Richard Rebmann, stellvertretender Vorsitzender des BDZV und Geschäftsführer der Südwestdeutschen Medien Holding (SWMH), zu dem auch das Blatt gehört, sprechen. Sie zogen zum SWMH-Verlagsgebäude in Stuttgart. Zunächst hieß es, Rebmann wäre später erreichbar. Als sie zurückkamen, waren die Eisentore verschlossen und die Polizei hatte das gesamte Haus abgeriegelt. „Die Geschäftsleitung hatte die Polizei gerufen und mitgeteilt, dass sie von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und wir Hausverbot hätten“, sagte ver.di-Gewerkschaftssekretär Uwe Kreft.
Mit ver.di sprechen will auch die Geschäftsleitung der Nordwest-Zeitung (NWZ) in Oldenburg nicht. Erst wenn die Gewerkschaft willig ist, für Neueinstellungen schlechtere Konditionen zu vereinbaren, ist die Chefetage dazu bereit. Seit Ende Juli ist das Unternehmen nicht mehr tarifgebunden. Die Geschäftsleitung legte dem Betriebsrat den Entwurf einer neuen Vergütungsordnung vor. Danach sollen in Zukunft nur noch zwölf Gehälter pro Jahr gezahlt und das Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestrichen werden. Außerdem will sie die 40-Stunden-Woche einführen. Bisher arbeiten die Redakteure 36,5 Stunden pro Woche, Verlagsangestellte 35 Stunden. Über die Höhe der künftigen Gehälter will die Geschäftsführung anstatt in Haustarifverhandlungen mit ver.di über eine Vergütungsregelung mit dem Betriebsrat reden um in Zukunft auch hier freie Hand zu haben.
„Wir haben als Betriebsrat den Arbeitgeber aufgefordert, uns anhand von Unterlagen umfassend über die wirtschaftliche Situation der Verlagsgesellschaft und der Servicegesellschaft zu unterrichten. Außerdem wollen wir einen Sachverständigen hinzuziehen“, kündigte Ulrich Janßen, NWZ-Betriebsratsvorsitzender, an.

www.streikbote.de
Offene Facebookgruppe: NWZ-Haustarifverhandlungen

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Schlaffe Tarifangebote bei der ARD

Programmeinschnitte, Sparmaßnahmen und minimale Tarifangebote der ARD. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kritisiert die Haltung der Sender und kündigt Proteste an. Im Rahmen der Tarifverhandlungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk habe es zwar erste Angebote vom Bayerischen Rundfunk (BR) und vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) gegeben. Die Angebote blieben aber laut ver.di weit hinter den berechtigten Forderungen der Mitglieder zurück. Sie liegen auch weit unter den Tarifabschlüssen anderer Branchen oder dem öffentlichen Dienst.
mehr »

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »

Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.
mehr »