Verlegerangebot bedeutet weiteren Reallohnverlust
Die dritte Verhandlungsrunde für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen war nur kurz. Das Angebot der Verleger wurde als „Zumutung“ empfunden. Die Gewerkschaften wiesen die von den Arbeitgebern gnädig hingeworfenen Brotkrumen von 2,x Prozent ab 2008 und einer geringeren Erhöhung ab 2009 „mit einer Eins vor dem Komma“ empört zurück. Bundesweit schlug die zu Beginn noch erwartungsvolle Stimmung bei den Streik- und Protestaktionen in Wut um.
Einen Tag nach dieser misslungenen Runde wurde festgelegt, dass es am 28. Oktober in Hamburg einen vierten Versuch für einen Abschluss geben soll. Erwartet wird dann ein ernst zunehmendes Angebot von Verlegerseite. Nach wie vor bestehen die Gewerkschaftsvertreter auf der Einbeziehung der Onlineredakteurinnen und -redakteure in den Tarifvertrag, der derzeit für etwa 15.000 Zeitungsredakteure gilt. Weitere Niedrigabschlüsse wie in den Vorjahren wird ver.di dieses Mal nicht akzeptieren. Den Trend eines stetigen Reallohnverlustes seit Jahren gelte es zu brechen, machte ver.di-Verhandlungsführer Frank Werneke klar.
Die Tarifsteigerungen in den letzten fünf Jahren betrugen bei Journalistinnenen und Journalisten an Zeitschriften 4,8 Prozent und bei Tageszeitungen 3,8 Prozent. Dazu kamen Verluste unter anderem bei Urlaubstagen, Urlaubsgeld und der Berufsjahresstaffel. Diesen realen Einkommensverlusten steht Mehrarbeit in hohem Ausmaß gegenüber, die von immer weniger Redakteuren und freien Journalisten gestemmt werden muss. Arbeitsverdichtung, neue Redaktionssysteme, zusätzliche Formate und Verbreitungswege, Online-Angebote sind nur einige Stichworte. All das geschieht vor dem Hintergrund einer 10prozentigen Steigerung der Inflation. Dabei stiegen die Tariflöhne aller Branchen im Durchschnitt um 10,5 Prozent und glichen damit gerade die gestiegenen Kosten aus. Das Krisengerede der Verlagshäuser, die munter auf dem Balkan à la WAZ-Gruppe einkaufen und auch nicht zugrunde gehen, wenn sie eben mal einige 100 Millionen Euro in den Pin-AG-Sand setzen à la Springer, haben die Beschäftigten satt.
Die Bezahlung der erbrachten Leistungen wird nunmehr ohne wenn und aber eingefordert. Das machten die Kolleginnen und Kollegen mit vielfältigen Protestaktionen klar. Im Zentrum standen dabei die Baden-Württemberger, unter anderem von der Stuttgarter Zeitung, der Esslinger Zeitung, dem Schwarzwälder Boten, der Heilbronner Stimme, der Kreiszeitung Böblinger Bote, dem Mannheimer Morgen oder der Nürtinger Zeitung. Sie fanden sich in Stuttgart zu einem machtvollen Warnstreik zusammen oder gingen vor Ort auf die Straße (Bericht Seite 21). Protestiert wurde unter anderem auch bei der Süddeutschen Zeitung in München, bei der Nordwest-Presse in Oldenburg, bei Madsack in Hannover, dem Weser Kurier und den Bremer Nachrichten in Bremen. „Gute Leute, leisten gute Arbeit und wollen gutes Geld“ bleibt der Slogan für diese Tarifrunde, die mit verstärktem Engagement fortgesetzt werden wird.