Soll’s das jetzt gewesen sein? Zwei Gesetzespakete, die die Rechte der Selbstständigen gestärkt hätten, sind als Kraftpakete gestartet – und dümpeln nun bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt im Gesetzgebungsverfahren herum. Da ist zum einen das Gesetz zu Werkverträgen und Leiharbeit. Der Entwurf aus dem Arbeits- und Sozialministerium sah unter anderem vor, endlich gesetzlich festzuschreiben, was Gerichte in zahlreichen Verfahren zur Abgrenzung von echter Selbstständigkeit zu Scheinselbstständigkeit geurteilt hatten. Endlich sollte Schluss damit sein, dass der Status „selbstständig“ oder „angestellt“ zu einem Wunschkonzert für Arbeitgeber – aber auch für gut situierte interessierte „Selbstständige“ – verkommt, um sich damit dem solidarischen Sozialsystem zu entziehen. Der Clou: Ein neuer Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sollte absichern, dass sozialrechtlich als scheinselbstständig definierte Kolleginnen und Kollegen auch arbeitsrechtlich (widerleglich) zu Arbeitnehmer/innen erklärt würden. Vorbei wäre es mit der Unsicherheit gewesen, nach einem Statusfeststellungsverfahren zwar rückwirkend sozialversicherungsrechtlich über den Auftraggeber abgesichert zu sein – aber für die Zukunft möglicherweise nicht mehr beauftragt zu werden.
Die jüngsten Festanstellungswellen in großen Verlagshäusern lassen vermuten, dass sie – neben den hartnäckigen Prüfungen durch die Deutsche Rentenversicherung und der Befürchtung von Nachzahlungen in Millionenhöhe – dem in Aussicht gestellten ursprünglichen Gesetzentwurf geschuldet sind. Der aktuelle Stand der Dinge ist allerdings ein anderer: Weiterhin werden Gerichte ohne eine gesetzliche Klarstellung über (Schein)Selbstständigkeit befinden müssen, denn der Kriterienkatalog zur Abgrenzung wurde relativiert. Und: Arbeitsrechtliche Konsequenzen müssen weiterhin gesondert und individuell durchgeklagt werden, weil der Passus zur Änderung des BGB aus dem Entwurf vollständig gestrichen wurde.
Und dann ist da noch ein weiterer Gesetzentwurf in der Pipeline, der ursprünglich dazu gedacht war, ein Versprechen der Regierungskoalition einzulösen und die Rechte von Urheberinnen und Urhebern – und damit mittelbar ihre Verhandlungs- und Einkommenssituation – zu stärken. Kernpunkte des Gesetzesvorhabens: das sogenannte Verbandsklagerecht und eine Rückholbarkeit von Nutzungsrechten. Auch hier sind auf dem Weg zwischen Referentenentwurf aus dem Justizministerium, Ressortabstimmung und dem jetzt vorliegenden Regierungsentwurf – überwiegend wohl aufgrund hartnäckiger Interventionen der Verwerterseite – wesentliche Elemente verloren gegangen. Durch Streichung zahlreicher Anreize zum Abschluss gemeinsamer Vergütungsregeln würde es zukünftig kaum noch Verwerter geben, gegenüber denen ver.di die Interessen ihrer Mitglieder im Rahmen einer Verbandsklage durchsetzen könnte. Weil zusätzlich in einem Nebensatz des Regierungsentwurfes „buy out Verträge“ legitimiert werden wäre das Gesetz auch hier eine Verschlechterung denn eine Verbesserung für die Seite der Kreativen.
Soll es das wirklich jetzt gewesen sein? Mit ihren ursprünglichen Ansätzen hatten die zuständigen SPD-geführten Ministerien erste tragfähige Antworten auf gesellschaftlich dringend anstehende Fragen gegeben. Diese Antworten werden nun offenbar dem Koalitionsfrieden geopfert.