„Hamburger Morgenpost“ trat aus Verlegerverband aus
Als Boulevardblatt lebt die „Hamburger Morgenpost“ vom Kaufanreiz ihrer Schlagzeilen. Doch die „Mopo“ schafft es auch selbst immer wieder, in die Schlagzeilen zu kommen – diesmal durch den am 29. Juni bekanntgegebene Austritt aus dem regionalen und Bundesverband der Zeitungsverleger.
„Mopo-Mitarbeiter: Die ziehen uns über den Tisch“ titelte „BILD Hamburg“ und gab ihrem Kommentar die Überschrift „Das haben diese tollen Kollegen nicht verdient“. „Wohl kaum eine Zeitung im deutschsprachigen Raum hat so sehr unter unternehmerischen Fehlentscheidungen gelitten wie die Hamburger Morgenpost“, schreibt darin Manfred von Thien, der 1995 und 1996 Mopo-Chefredakteur war.
Schon im Vorjahr war die „Mopo“ zweimal in den Schlagzeilen: Einmal, als Gruner + Jahr den 50. Geburtstag der von der SPD gegründeten und heruntergewirtschafteten Tageszeitung groß feiern ließ, und dann einen Monat nach den Festreden, als das Blatt vom Hamburger Großverlag zum 1. November 1999 an den Medienunternehmer Frank Otto und den Künstler-Erben Hans Barlach verkauft wurde. Der Sohn des Versandhaus-Gründers hatte angekündigt, die „Mopo“ innerhalb weniger Jahre wieder in die Gewinnzone zu führen.
Seitdem sind einige Mitarbeiter gegangen (worden) und die Auflage sank weiter auf knapp 120.000 (minus 11,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Nun also der Austritt aus dem Verlegerverband. Er wurde von Mopo-Geschäftsführer Marcus Ippisch zunächst lediglich mit den zu hohen Beiträgen des Arbeitgeberverbandes begründet. Gleichzeitig wurde die erstmalige Anrechnung der tariflichen Gehaltserhöhung für Verlagsangestellte auf übertarifliche Zulagen verkündet.
Der Verbandsaustritt, der zum 31. Dezember 2000 wirksam wird, hat bei den 120 Beschäftigten erhebliche Unruhe ausgelöst. Denn Belegschaft, Betriebsrat und Gewerkschaften befürchten, dass die neuen Verleger damit zumindest langfristig die geltenden Tarifverträge unterlaufen wollen. Zwar gelten die alten tarifvertraglichen Regelungen – nicht jedoch neue Tarifabschlüsse – danach noch für Gewerkschaftsmitglieder weiter, doch können sie durch andere Regelungen (etwa Arbeitsverträge) ausgehebelt werden.
Der Austritt ist „eine fatale Fortsetzung von bereits erfolgten Fehlentscheidungen, die Probleme der Mopo auf dem Rücken der Beschäftigten aus Verlag und Redaktion auszutragen“, heißt es in einer Erklärung des Betriebsrats, in der eine ganze Reihe von Negativ-Beispielen aufgelistet werden. „Wenn es nach dem Betriebsrat ginge, sollte die Kündigung zurückgezogen werden“, sagt dessen Vorsitzender Holger Artus. „Die Verbandsbeiträge werden die Gesellschafter schon nicht so sehr schmerzen, wenn sie dafür den Vorteil des sozialen Friedens und der Ruhe haben.“
Rückkehr oder Haustarif
Dies ist auch die Position der IG Medien und des Deutsche Journa-listenverbandes (DJV). „Wir werden darum kämpfen, dass die Mopo wieder in den Verlegerverband zurückkehrt“, sagte der Hamburger IG-Medien-Sekretär Peter Ahner am 12. Juli vor dem Verlagshaus an der Griegstraße. Dort hatten sich alle Mopo-Beschäftigten mittags versammelt. Anlass war ein erstes „Sondierungsgespräche“ der Gewerkschaften mit den Verlegern Otto und Barlach.
Seitdem gab es weitere Kontakte zwischen den Verlegern und Gewerkschaften. Eine Rücknahme der Kündigung wird es aber wohl nicht geben. Nach einem Gespräch mit dem Zeitungsverlegerverband erwägen die Verleger allerdings einen Neueintritt. Was dies für Auswirkungen auf die Beschäftigten hätte, ist derzeit unklar. Außerdem gibt es in der Frage der Tarifbindung offenbar Differenzen zwischen den Gesellschaftern und Mopo-Geschäftsführer Ippisch. Dieser hatte sich für „Morgenpost-spezifische Regelungen“ ausgesprochen.
Sollte der Verlag tatsächlich außerhalb des Geltungsbereiches der Flächentarifverträge bleiben, wollen IG Medien und DJV einen Haustarifvertrag durchsetzen, in dem alle Regelungen der Flächen-tarifverträge „eins zu eins“ übernommen werden.