Online wird endlich Thema – Verlängerung für Zusatzqualifikation möglich
Nach 26 Jahren gibt es einen aktualisierten Ausbildungstarifvertrag für Volontär_innen an Tageszeitungen. Neu in dem ansonsten weitgehend unveränderten Vertragstext sind die Ausbildungsinhalte im Online-Journalismus, eine Ausbildung in Redaktionsgesellschaften, die Berücksichtigung der Newsdesk-Entwicklung und eine mögliche Verlängerung des Volontariats um einen bis drei Monate für Zusatzqualifikationen.Gedacht ist dabei etwa an Zusatzstationen in in- oder ausländischen Korrespondentenbüros, in Nachrichtenagenturen, Pressestellen oder Startups. Diese Verlängerungsklausel kann bis Ende 2019 jederzeit einzeln gekündigt werden, erklärt ver.di-Tarifsekretär Matthias von Fintel.
„Wird die Regelung jedoch tatsächlich für Zusatzqualifikationen genutzt, dann ist dies zu begrüßen. Denn der Verlag zahlt letztlich für die im Verlag nicht zu vermittelnden zusätzlichen Ausbildungselemente in externen Stationen. Mit der Teilkündigungsregelung wird hingegen unserem Misstrauen Rechnung getragen, dass die Verlängerungsoption missbräuchlich für eine generelle Verlängerung des Volontariats ausgenutzt wird.“
Die Dauer der Volontärsausbildung, für die im 1990 abgeschlossenen ersten Ausbildungstarifvertrag 24 Monate vorgesehen waren und die bei abgeschlossenem Studium um einige Monate verkürzt werden konnte, war letztlich der Knackpunkt in den Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und den Verlegern. Denn inzwischen gibt es verschiedene längere Modelle der Volontärsaubildung, zum Beispiel drei Jahre wegen der vielen crossmedialen Inhalte oder drei Jahre als Kombination mit einem Master. Die Verlegerseite hatte argumentiert, die jungen Leute seien heute eine viel „verschultere“ Ausbildung gewöhnt und brauchten daher bisweilen länger, um die heute notwendigen Inhalte des Volontariats aufzunehmen. Ein Argument, das die Journalistenseite nicht überzeugte.
Neu ist auch der dem aktualisierten Ausbildungsvertrag als Empfehlung angehängte ziemlich detailliert ausformulierte Muster-Ausbildungsplan mit den grundsätzlichen Anforderungen und vielen Themenvorschlägen, zum einen für eine systematische Einführung zu Beginn des Volontariats, aber auch für die spätere innerbetriebliche Schulung in den so genannten Volontärstagen.
Dass es einer Aktualisierung des Ausbildungstarifvertrags dringend bedurfte, darin waren sich die Verhandlungsparteien einig. Der alte Ausbildungstarifvertrag von 1990, der in wichtigen Punkten im gleichen Jahr auch von der Zeitschriftenbranche übernommen wurde, ist nie gekündigt worden, doch die Entwicklungen in der Medienbranche, neue Publikationskanäle, reine Internet-Zeitungen oder neue Themenfelder wie der Datenjournalismus machten eine Überarbeitung dringend notwendig. Computergesteuertes Redaktionssystem, Internet-Auftritt und Social Media gehören nach dem neuen Ausbildungsvertrag heute in eine gute Volo-Ausbildung, auch wenn die Hälfte der Volontärinnen und Volontäre in der Umfrage der Initiative Qualität 2016 angaben, solche Ausbildungsstationen derzeit nicht geboten zu bekommen.
Vom neuen Ausbildungstarifvertrag erhoffen sich die Verhandlungsparteien auch eine anregende Wirkung auf Verlage, in denen die Ausbildung bislang eher „nebenher läuft“ und „eher nicht stattfindet, wenn Personalmangel herrscht“. Ein Problem, mit dem die im September 2016 in Bonn versammelten über 70 Volo-Ausbilderinnen und –Ausbilder immer wieder zu kämpfen haben. Mit dem Muster-Ausbildungsplan wollen die Tarifpartner auf Gestaltungsmöglichkeiten in den Verlagen aufmerksam machen. „Die Besten gewinnen“ – wie das Motto der IQ-Konferenz lautete, ist heute nicht mehr so einfach wie noch vor etlichen Jahren. Verlage klagen über Probleme bei der Nachwuchswerbung. Eine profunde, aktuelle Ausbildung kann allerdings ein gutes Argument sein, um junge Leute von einer Zukunft im Tageszeitungsjournalismus zu überzeugen.