Filmtipp: Im Kampf für gleichen Lohn

"Keiner schiebt uns weg", am 14. November im Ersten um 20.15 Uhr. Betriebsversammlung: Rosi Kessler (Katharina Marie Schubert, l. vorn), Gerda Rapp (Imogen Kogge, mitte) und Lilli Czipowski (Alwara Höfels, r.)
Foto: WDR/Thomas Kost

Vor kurzem erinnerten Gewerkschaften mit dem alljährlichen „Tag der betrieblichen Entgeltgleichheit“ daran, dass Frauen für die gleiche Arbeit immer noch erheblich weniger verdienen als Männer. Einen Meilenstein in ihrem Kampf für Lohngerechtigkeit lässt der Film „Keiner schiebt uns weg!“ wieder lebendig werden. Es geht um die Heinze-Frauen, Laborarbeiterinnen eines Gelsenkirchener Foto-Unternehmens, die Ende der 1970er Jahre mit Hilfe der IG Druck und Papier eine Lohnnachzahlung und geschlechterunabhängige Bezahlung erstritten.

Heinze wird zu Kunze, die Handlung zugespitzt und die Protagonist_innen verkörpern in der Fiktion unterschiedliche Frauencharaktere der damaligen Zeit. Da ist zunächst die temperamentvolle, flippige und engagierte Lilli Czipowski, gespielt von Ex-Tatortkommissarin Alwara Höfels. Sie arbeitet im Kunze-Fotolabor genauso wie ihr Mann Kalle (Karsten Antonio Mielke). Zufällig findet sie seinen Lohnzettel und entdeckt, dass er 210 Mark mehr verdient als sie, obwohl beide die gleiche Arbeit machen. Empört über diese Ungerechtigkeit fragt sie nach bei zwei befreundeten Kolleginnen und stellt fest, dass hinter dieser Ungleichbehandlung System steckt. Sie will etwas dagegen unternehmen, doch die Freundinnen sind zunächst skeptisch. Die verhuschte Rosi Kessler (Katharina Marie Schubert) arbeitet ohne Wissen ihres Mannes im Kunze-Labor und hatte seine Unterschrift in ihrem Arbeitsvertrag gefälscht, denn bis 1977 konnten Frauen ohne Zustimmung des Ehemannes keine Berufstätigkeit aufnehmen. Gerda Rapp (Imogen Kogge), kernige Bergmannswitwe, Ruhrpott-Sängerin und einstige Betriebsrätin, fürchtet zunächst um ihren Arbeitsplatz.

Dann geht sie doch mit Lilli und Rosi zur Gewerkschaft. „Es gibt Wichtigeres als Lohngleichheit“, heißt es dort zunächst mit Verweis auf den Kampf um die 38-Stunden-Woche. Aber Betriebsrat Ritschi (Christoph Bach) ist anderer Meinung: “Ihr müsst klagen!“ Nach Artikel 3 des Grundgesetzes, der die Gleichberechtigung von Frauen und Männern fordert, hätten sie gute Chancen. Die Gewerkschaft unterstützt sie daraufhin bis zur erfolgreichen Klage vor dem Bundesarbeitsgericht. Die notwendigen Unterschriften von 29 Kolleginnen gewinnt Lilli in der Stammkneipe “Alte Zeche“ mit Pils und Überzeugung: “Wir sind der Pott!“ Für die Frauen beginnt ein langer und steiniger Weg mit viel privatem Ärger und Anfeindungen von männlichen Kollegen, doch sie halten mutig zusammen. „Keiner schiebt uns weg“ – komponiert von Gerda, die einst mit ihrem Hans „Herz aus Kohle“ sang – wird zum Solidaritätslied der Kunze-Frauen in ihrem mutigen Kampf um Lohngerechtigkeit.

Die Sozialkomödie erinnert stark an den erfolgreichen Kinofilm „We want sex“ von 2010, der auch auf eine wahre Geschichte zurückgeht: den Streik der Näherinnen bei Ford im britischen Dagenham 1968 und ihren hartnäckigen Kampf um gleiche Löhne. Dort spielt Rita die Rolle der erfolgreichen Frauenrechtlerin, die Lilli in „Keiner schiebt uns weg“ verkörpert. Beide Filme ähneln sich auch in der Machart: spannend, sentimental, eine Prise Humor und eine starke Botschaft mutiger Frauen, die für gleiche Rechte kämpfen – immer noch. In dem Film „Keiner schiebt uns weg“, der im Rahmen der ARD-Themenwoche „Gerechtigkeit“ ausgestrahlt wird, hat Lilli das letzte Wort: „Wir bleiben dran!“

„Keiner schiebt uns weg“, Buch: Ulla Ziemann und Sebastian Orlac, Regie: Wolfgang Murnberger, läuft am 14. November um 20.15 Uhr im Ersten.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »