Paris: Prozess im Fall „Charlie Hebdo“

Bild: Izzet Ugutmen/Shutterstock

Der Prozess gegen mutmaßliche Komplizen der Attentäter auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ und einen koscheren Supermarkt hat am Mittwoch in Paris begonnen. 17 Menschen waren bei der mehrtägigen Anschlagsserie im Januar 2015 ums Leben gekommen, darunter zwölf Mitarbeiter des Satiremagazins. Die Anschläge hatten für internationales Entsetzen gesorgt. Vor dem Pariser Schwurgericht sind insgesamt 14 Personen angeklagt.

„Charlie Hebdo“ druckte zum Prozessbeginn fünf Jahre nach dem Anschlag erneut die Mohammed-Karikaturen, auf die sich die Attentäter mit ihrer Tat bezogen hatten.

Den Angeklagten wird vorgeworfen, bei der Vorbereitung der Anschläge geholfen zu haben. Drei der Angeklagten sind abwesend. Sie hatten sich kurz nach den Anschlägen abgesetzt. Zwei weitere Angeklagte sollen laut verschiedenen Quellen im Irak getötet worden sein. Das wurde aber nie offiziell bestätigt. Gegen alle besteht ein internationaler Haftbefehl.

Die Brüder Said und Chérif Kouachi, die auch die zwölf Mitarbeiter des Satiremagazins getötet hatten, waren von der Polizei am 9. Januar 2015, zwei Tage nach dem Anschlag getötet worden. Amedy Coulibaly, der am 9. Januar im koscheren Supermarkt Hyper Cacher mehrere Geiseln genommen hatte, wurde ebenfalls von der Polizei getötet. Zuvor hatte er vier Menschen jüdischen Glaubens ermordet sowie eine Polizistin im Pariser Vorort Montrouge. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hatten die Täter Komplizen, die nun wegen Beihilfe vor Gericht stehen.

Zehntausende Menschen waren nach den Anschlägen im Januar 2015 in Paris unter dem Motto „Ich bin Charlie“ auf die Straße gegangen. Der damalige Präsident François Hollande wurde auf dem Gedenkmarsch von zahlreichen ausländischen Staatschefs und Politikern begleitet, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Einigen der Angeklagten droht lebenslange Haft wegen Beihilfe zum Terrorismus. Ein französischer Staatsbürger türkischer Herkunft soll Waffen für die Taten besorgt haben, was der Angeklagte bestreitet. Er wird von der Anwältin des Terroristen Carlos verteidigt, Isabelle Coutant-Peyre. Diese beklagt eine Ungleichheit, da die Anklage „101 Zeugen zitieren dürfe“ und die Verteidigung nur fünf.

Die anderen Angeklagten müssen sich wegen Gründung einer terroristischen Vereinigung vor Gericht verantworten. Auf diesen Strafbestand stehen bis zu 20 Jahre Haftstrafe. Ein Angeklagter steht unter richterlicher Kontrolle, ihm drohen zehn Jahre Gefängnis.

Der Prozess findet unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen statt. 90 Medien sind akkreditiert. Rund 200 Nebenkläger haben sich dem Verfahren angeschlossen, einige Überlebende werden vor Gericht aussagen. An manchen Tagen werden bis zu 500 Personen im Pariser Justizpalast erwartet. Der als historisch geltende Prozess wird für Archivzwecke in voller Länge gefilmt. Er ist bis zum 10. November anberaumt.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »