Editorial: Den Finger auf der Wunde

Die Sicherung der Pressefreiheit und der Medienvielfalt seien große Themen im Fachbereich Medien, Kunst und Industrie in den nächsten vier Jahren, betonte Frank Werneke auf dem ver.di-Bundeskongress in Leipzig. „Pressefreiheit ist auch durch staatliches Handeln in Gefahr”, warnte er und verwies auf die Landesverratsvorwürfe gegen Journalisten bei netzpolitik.org. Er hat damit den Finger auf der Wunde.

Die Politik, zumindest in Person von Bundesjustizminister Heiko Maas, denkt offenbar auch über Veränderungen nach. Maas hat zeitgleich auf dem Kongress der Zeitungsverleger in Regensburg das Beispiel der Strafverfolgung der Blogger genannt und sich dafür ausgesprochen, die „Beihilfe zum Landesverrat” per Gesetzesänderung straffrei zu stellen. ver.di und die dju bleiben in diesem Punkt am Ball – mit Frank Werneke an der Spitze, der mit einem tollen Ergebnis erneut zum ver.di-Vize und als Leiter des Bundesfachbereichs gewählt wurde.

Als weiteren Arbeitsschwerpunkt benannte Frank Werneke die Verbesserung der Einkommensbedingungen und der sozialen Sicherung von Selbstständigen. Dazu gehören auch viele Fotojournalisten, nicht zuletzt aufgrund des zunehmenden Stellenabbaus in Bildredaktionen. Auf der einen Seite sind die Anforderungen an Fotojournalistinnen und -journalisten aufgrund der digitalen Distributionsformen erheblich gestiegen. Auf der anderen Seite wird dem nicht etwa durch eine entsprechende Vergütung Rechnung getragen. Im Gegenteil, Verlage zwingen mit Buyout-Verträgen Fotografen in dramatische Existenznöte. Konkurrenz durch Amateurfotos und „preiswerte” Online-Bilderdienste sind weitere Faktoren, die das Einkommen schmälern und gleichzeitig die Debatte über die Qualität von Pressefotos ankurbeln sollten. In Konfrontationen mit nicht selten strafbar agierenden, aber unbehelligt bleibenden Demonstranten und der Polizei selbst, spiegelt sich auch hier die Notwendigkeit, im Ringen um Pressefreiheit nicht nachzulassen.

Die nächste M-Ausgabe erscheint erst im Dezember. Bis dahin bereitet die Redaktion den Umstieg auf das neue hybride System einer modernen und digitalen Mitgliederzeitschrift für Medienschaffende ab Januar 2016 vor. Inzwischen immer mal wieder auf die M Website schauen!

Karin Wenk,
verantwortliche Redakteurin

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