Schon entdeckt? Veto

Info

Engagierte Medien abseits des Mainstreams gibt es zunehmend mehr. Sie sind hochinteressant, aber oft wenig bekannt. Deshalb stellt M in jeder gedruckten Ausgabe und auf M Online einige davon vor.

Wir stellen uns auf die Seite der Engagierten in der Zivilgesellschaft, aber ohne Lobhudelei, nach journalistischen Standards“, erklärt Tom Waurig, verantwortlicher Redakteur von Veto. Dem Magazin gelang es, in der Coronazeit ein Publikum zu finden – mit Geschichten über Menschen, die „Dinge bewegen und nicht ständig nur meckern“.

Die Idee zum Aufbau des Magazins entstand 2018 in einer Kneipe in Dresden, die er mit Journalistin Susanne Kailitz, Grafikdesignerin Mandy Münzer und Fotograf Benjamin Jenak besuchte, erzählt Waurig, der bei einer Initiative gegen Rechtsextremismus Pressearbeit machte. Zusammen mit Kailitz gründete er „Die Rederei“ als gemeinnützigen Träger für das Veto-Magazin. Beide arbeiteten bis Oktober 2019 ehrenamtlich. Auf der Website, die Anfang des ersten Corona-Jahres online ging, porträtieren sie jede Woche engagierte Menschen wie Noah Reißner, der sich im Lausitzer Braunkohlegebiet Cottbus bei „Fridays for Future“ engagiert oder Thủy-Tiên Nguyễn, die sich gegen anti-asiatischen Rassismus mit #IchBinKeinVirus wehrt. Das Print-Magazin sei „breiter aufgestellt“ – neben Porträts gebe es Interviews, Analysen, Reportagen und Kolumnen, etwa der queerfeministischen Musikerin Sookee.

Vor der ersten Ausgabe im April 2020 mit dem Thema „Klimaprotest“ sammelte das Veto-Team per Crowdfunding 10.000 Euro ein. Außerdem unterstützen Amadeu-Antonio-Stiftung, ZEIT-Stiftung, Schöpflin-Stiftung und GLS Treuhand das Magazin und decken die Hälfte der Kosten. Mit einer Auflage von 5.000 Stück erscheint das Heft zum Preis von 7 Euro viermal im Jahr. Zwei der mittlerweile fünf Ausgaben sind vergriffen, die sechste zu „Nähe“ erscheint am 15. Juni. Um „Impulse für größere Medien zu setzen“ und den „Menschen, über die wir schreiben, mehr Reichweite zu verschaffen“, so Waurig, können Zeit Online, taz, Frankfurter Rundschau und Edition F Veto-Texte honorarfrei publizieren. Die Artikel auf der Veto-Website würden von 1.000 bis 5.000 Menschen gelesen. Das Print-Magazin spreche vor allem Menschen zwischen 20 und 40 Jahren in Großstädten wie Berlin, Hamburg, Köln oder Leipzig an. Dort werde es auch am Bahnhofskiosk verkauft, um aus „der eigenen Blase rauszukommen.“

Das vierköpfige Gründungs-Team hat sich inzwischen vergrößert auf 12 Mitarbeitende in der „Rederei“, zu der außer Veto auch Medienbildungsprojekte und eine Agentur für zivilgesellschaftliche Themen gehören. Die Redaktion plant Webartikel und Magazinausgaben inhaltlich und beauftragt dann Journalist*innen, die ein Gespür und Vorwissen für die Themen, z.B. Klimagerechtigkeit oder Schwarzen Aktivismus mitbringen. „Alle erhalten Honorar“, versichert Waurig und das Medienprojekt trage sich.

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »

Für mehr Konfrontation

Die Wahlen zum EU-Parlament endeten – nicht unerwartet – in vielen Mitgliedsstaaten mit einem Rechtsruck. In Frankreich, Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden und anderswo wurden eher euroskeptische, nationalistische, migrationsfeindliche Kräfte der extremen Rechten gestärkt. Auch in Deutschland haben 16 Prozent der Bürger*innen, mehr als sechs Millionen Menschen für die rechtsextreme, völkische AfD gestimmt – trotz NS-Verharmlosungen, China-Spionage und Schmiergeldern aus Russland. Immerhin sorgte die große Protestwelle der letzten Monate, die vielen Demonstrationen für Demokratie dafür, dass die AfD-Ausbeute an den Wahlurnen nicht noch üppiger ausfiel. Noch Anfang…
mehr »