Gericht: Heimliches Abhören war rechtens

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Im Streit um das abgehörte Pressetelefon der Letzten Generation hat das Landgericht München 1 die von zwei Journalisten eingereichten Beschwerden zurückgewiesen. Beide wollen nun weitere Schritte prüfen. Sie werden durch Reporter ohne Grenzen (RSF) und die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt, erklärten beide Organisationen.

Im vergangenen November hatte das Amtsgericht München geurteilt, die Maßnahmen der Generalstaatsanwaltschaft München seien rechtmäßig und ausreichend begründet. Das Landgericht München I sieht nun in der Abhörmaßnahme zwar einen tiefgreifenden Eingriff in die Pressefreiheit. Gleichzeitig stufte es die Überwachungsanordnung als verhältnismäßig ein und hat damit die Beschwerden verworfen.

„Journalistische Arbeit braucht vertrauliche Kommunikation“, erklärte Nicola Bier, die Rechtsanwältin der Beschwerdeführer. „Die Pressefreiheit und in diesem Fall das Fernmeldegeheimnis hätten daher bei den strafrechtlichen Ermittlungen schon vom Amtsgericht unbedingt besonders berücksichtigt werden müssen. Eine angemessene Abwägung ergibt: Die Überwachung des Pressetelefons war nicht verhältnismäßig.“

„Gezielte staatliche Überwachung von Journalist*innen gefährdet die Pressefreiheit und damit unsere Demokratie. Das darf von Gerichten in einem Rechtsstaat nicht einfach so durchgewunken werden“, sagte Benjamin Lück, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der GFF. „Journalist*innen müssen gerade auch bei Recherchen zu kontroversen Protestformen vertrauliche Gespräche führen können, ohne damit rechnen zu müssen, dass die Sicherheitsbehörden mithören.“

„Maßnahme verfassungswidrig“

Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt gegen Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Dazu hat sie zwischen November 2022 und April 2023 den Telefonanschluss abgehört, der von der Gruppe auf deren Webseite als „Pressetelefon“ genannt wurde.

Auch die beiden Beschwerdeführer, Jörg Poppendieck vom RBB und Jan Heidtmann von der „Süddeutschen Zeitung“, hatten das Pressetelefon angerufen und im Juli 2023 das Verfahren angestoßen.

Aus Sicht von RSF und GFF war die Ermittlungsmaßnahme verfassungswidrig: „Das Interesse an der Verfolgung der Tatvorwürfe gegen die Mitglieder der Letzten Generation muss bei der Überwachung des Pressetelefons hinter einem so schwerwiegenden Eingriff in die zentralen Grundrechte der Pressefreiheit und des Fernmeldegeheimnisses zurückstehen.“

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