Äthiopischer Blogger festgenommen

In Äthiopien haben die Behörden einen Blogger der Gruppe „Zone 9“, die ein regierungskritisches Internetportal betreibt, willkürlich festgenommen. Der Mann hatte während eines Medieninterviews offene Kritik an der Regierung in Addis Abeba geübt. Genau das mögen die dortigen Machthaber nicht. Und außerdem kannten sie ihren Kritiker bereits.

Die Sicherheitskräfte kamen am 11. November ganz früh. Gegen 6.30 Uhr betraten sie die Wohnung des bekannten äthiopischen Bloggers Befeqadu Hailu und nahmen ihn fest. Während des Verhörs sagte ihm die Polizei, dass man ihn aufgrund seiner Kritik an dem am 9. Oktober verhängten Ausnahmezustand inhaftiert habe. Tatsächlich hatte Hailu am 30. Oktober während eines Interviews mit der äthiopischen Ausgabe des Senders „Voice of America“ das Vorgehen der Behörden scharf kritisiert. Dem Ausnahmezustand vorausgegangen waren Proteste in mehreren Provinzen nach einer Massenpanik, bei der 55 Menschen ums Leben kamen. Kritiker machten die Sicherheitskräfte für die Eskalation verantwortlich.

Inzwischen ist Hailu in einer Polizeiwache in Addis Abeba inhaftiert. Unter den Bedingungen des Ausnahmezustands kann er nicht einmal die Rechtmäßigkeit seiner Inhaftierung anfechten. Zudem wurden nach der Festnahme seine Twitter- und Facebook-Accounts abgeschaltet.

Es ist nicht die erste Begegnung Hailus mit den Sicherheitskräften und der Justiz seines Landes. Im November stand er zusammen mit anderen Bloggern bereits zum fünften Mal vor dem Obersten Gerichtshof. Ein Jahr zuvor hatte ein Bundesgericht die „Zone-9“-Mitarbeiter vom Vorwurf terroristischer Straftaten freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch Rechtsmittel ein.

In der Vergangenheit sind Befeqadu Hailu und andere Regierungskritiker in Untersuchungshaft im Maekelawi-Gefängnis gefoltert und misshandelt worden. Amnesty International geht davon aus, dass Befeqadu Hailu auch jetzt wieder Gefahr läuft, Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt zu werden. Die Organisation fordert seine sofortige und bedingungslose Freilassung. Er befinde sich nur deshalb in Haft, weil er friedlich von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht habe.

Was können sie tun?

Schreiben Sie an den äthiopischen Justizminister und fordern Sie die sofortige und bedingungslose Freilassung des Bloggers Befeqadu Hailu. Verlangen Sie auch, dass er umgehend Zugang zu einem Rechtsbeistand bekommt. Schreiben Sie in Englisch oder auf Deutsch an:

JUSTIZMINISTER

Getachew Ambaye

FDRE Ministry of Justice

Addis Abeba

Ethiopia

Fax: 00251 – 11 551 7775

justabr@ethionet.et

 

Senden sie eine Kopie Ihres Schreibens an:

 

BOTSCHAFT DER DEMOKRATISCHEN BUNDESREPUBLIK ÄTHIOPIEN

S.E. Herrn Kuma Demeksa Tokon

Boothstraße 20 a

12207 Berlin

Fax: (030) 772 0624

Emb.ethiopia@t-online.de

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »