Schlösserstiftung verklagt Fotografenagentur Ostkreuz
Unentwegt klickt und blitzt es im Park Sanssouci – Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt, Geschäftsleute und so manchen Staatsgast. Die Medien berichten oft und gern in Wort und Bild über die Entwicklung dieses der Allgemeinheit gehörenden und damit der Öffentlichkeit frei zugänglichen kulturhistorischen Kleinods in Potsdam. Ginge es jedoch nach der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, ist es künftig vorbei mit der freien Fotografie.
Die mit der Verwaltung zahlreicher Kulturgüter beauftragte und damit als Eigentümerin handelnde Stiftung startete einen massiven Angriff gegen Bildberichterstatter. Mit einer Klage will sie „Ostkreuz – Agentur der Fotografen GmbH“ untersagen, ihre Fotos von Sanssouci und anderen Stiftungsbauten über ihr Bildarchiv weiter anzubieten. Damit legt sie sich mit den Medien insgesamt an. „Dieses Ansinnen verletzt in grober Weise die Pressefreiheit“, erklärt Ulrike Maercks-Franzen, Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di. „Es handelt sich außerdem um ein grundsätzliches Verfahren, das alle Fotografen bundesweit betrifft. Das darf kein Präzedenzfall werden. Der Rahmen der journalistischen Berichterstattung aus dem öffentlichen Raum kann nicht eingeschränkt werden durch einen Eigentumsanspruch, der sich auf Dinge bezieht, die sich in öffentlicher Hand befinden und die jedem frei zugänglich sind.“ „Widerstand ist also angesagt!“ Darum unterstützen wir auch durch unseren Rechtsschutz die einzelnen betroffenen Mitglieder der Agentur.
Bezahlung gefordert
Gedroht wird Ostkreuz mit einem Zwangsgeld von 250.000 Euro, wenn sie die Fotos weiter verbreitet, also gewerblich nutzt, und keine Unterlassungserklärung unterschreibt. Die renommierte Agentur hat nicht unterschrieben. „Wir leben vom Journalismus, von der freien gesetzlich garantierten Berichterstattung. Das beinhaltet sowohl tagesaktuelle Fotografie als auch hintergründige und langfristige kreative Bildberichterstattung. Beides gehört zu unserem Angebot und damit auch in unser Archiv“, erklärte Tobias Kruse von Ostkreuz.
Die Argumentation der Stiftung erscheint geradezu abenteuerlich. Mit Blick auf ihre „knappen Kassen“ verlangt sie für „jegliche Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen stiftungseigener Baudenkmäler für kommerzielle Zwecke“ sowohl das Einholen einer Zustimmung als auch ein Entgelt. Zur Begründung zieht sie unter anderem das sogenannte Schloss-Tegel-Urteil des Bundesgerichtshofes von 1974 heran. Darin wurde festgestellt, dass gewerbliche Fotografen, die auf fremden Besitz fotografieren eine Genehmigung benötigen. Verkannt wird hier, dass sich das Schloss Tegel im Besitz von privaten Eigentümern befindet, die dort auch wohnen. Im vorliegenden Fall geht es jedoch um einen öffentlichen Park. Behauptet wird zudem: Um die Schlösser und Gärten entsprechend ihrer Aufgabe erhalten zu können, sei die Stiftung dringend auf „die Vermarktung und Lizensierung der Stiftungsmotive“ angewiesen. Insgesamt ginge es um eine Teilhabe an den Gewinnen der kommerziellen Bildverwertung, darunter auch der Produktion von Bildbänden, Kalendern und Postkarten.
Panoramafreiheit
Ostkreuz beruft sich im Gegenzug auf die Panoramafreiheit wie sie im §59 des Urhebergesetzes geregelt ist. Danach ist es unter anderem Fotografen erlaubt, Fotografien von Häusern, Denkmälern oder Kunstwerken im öffentlichen Raum ohne Erlaubnis und Vergütung anzufertigen und in vielfältigsten Formen zu veröffentlichen. Und genau darum handelt es sich im vorliegenden Fall.
Auch die Betonung der Rechte des Eigentümers nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch führe hier nicht zum Erfolg, erklärt Ostkreuz-Anwalt Christian Donle. „Die Stiftung kann nicht ihr Eigentum dahingehend ausüben, die Pressefreiheit zu beschränken. Die Fotografen können sich auf Artikel 5 des Grundgesetzes berufen. Die Pressefreiheit ist hier nämlich eine Schranke für die Eigentumsrechte.“ Nichtsdestotrotz versuche die Stiftung offenbar, öffentlichen Verkehrsraum zu privatisieren und vor allem für ihre eigenen Zwecke mit dem Ausschlusscharakter gegenüber der Öffentlichkeit zu versehen. „Das ist bisher einmalig in der Bundesrepublik“, so Donle. Die Folgen eines Urteils zugunsten der Stiftung schätzt der Anwalt als verheerend ein. „Damit würde eine Lawine an anderen Verfahren losgetreten, die am Ende die Pressefreiheit schwer beeinträchtigen würden. Das wäre sehr viel unangenehmer als manch andere heiß diskutierte Entscheidung aus dem Persönlichkeitsrecht irgendwelcher Prominenten. Andere öffentliche und private Eigentümer würden nachziehen. Die Pressefotografie ist danach nicht mehr möglich.“
Der Prozess vor dem Landgericht Potsdam soll am 17. Oktober stattfinden.