Bürgerpreis der Zeitungen für weltoffenes „Dresden – Place to Be“

Zum sechsten Mal hat der Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger (BDZV) am 18. Februar 2016 in der Berliner Kommandantur den „Bürgerpeis der Zeitungen“   vergeben: Die Preisträgerin ist Elisabeth Ehninger mit ihrem Verein „Dresden – Place to Be“, der seit Januar 2015 mit dem großen Open-Air-Konzert „Offen und bunt – Dresden für alle“ und weiteren Aktionen ein deutliches Anti-Pegida-Zeichen in dieser Kultur- und Wissenschaftsstadt setzt. Die Jury bestand aus den 259 Chefredakteuren der Mitgliedszeitungen des BDZV.

Verleihung des Bürgerpreises der deutschen Zeitungen an Elisabeth Ehninger Foto: BDVZ
Verleihung des Bürgerpreises der deutschen Zeitungen mit einem Scheck über 20 000 Euro an Elisabeth Ehninger
Foto: BDVZ

Elisabeth Ehninger, die vor rund 20 Jahren mit ihrer Familie nach Dresden kam und den Ausbau der Wissenschafts- und Forschungsstadt Dresden auch als Geschäftsführerin eines Unternehmens für Immuntherapie begleitet hat, gründete mit Freunden 2014 den Verein „Dresden – Place to Be“, der Patenschaften für ausländische Studenten und Gastwissenschaftler vermitteln sollte. „Und plötzlich wird uns entgegengewirkt“, fasste Ehninger den Grund zur offensiven Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit zusammen. Mit lauter Ehrenamtlichen stellte der Verein am 26. Januar 2015 das Konzert auf dem rappelvollen Dresdener Neumarkt auf die Beine, bei dem namhafte Künstler ohne Gage auftraten – darunter auch Wolfgang Niedecken (Rockband BAP), der in Köln 1992 eine ähnliche Kampagne gegen Rechtsradikale mit dem Namen „Arsch huh, Zäng ussenander!“ initiiert und musikalisch begründet hat.

Demonstrationen und Einstellungen wie bei Pegida seien nicht auf die sächsische Landeshauptstadt begrenzt, sondern ein deutsches und europäisches Problem, betonte Bundesinnenminister Thomas de Maizière in der Laudatio. Das unterstrich in der anschließenden Diskussion „Presse und Politik im Kreuzfeuer der Kritik“ auch die grüne Parteivorsitzende Simone Peter. Sie verlangte von den Parteien des Bundestags, die AfD, die sie als politischen Parteiarm von Pegida charakterisierte, offensiv argumentativ zu bekämpfen. Ihr Einzug in die Parlamente würde zu einer „Entdemokratisierung“ führen. Die deutsche Demokratie sei stark genug, AfD-Abgeordnete inhaltlich zu stellen, meinte de Maizière.
Nikolaus Blome von der Bild-Zeitung warnte davor, die gegenwärtige Kritik am Journalismus gleich zur größten Glaubwürdigkeitskrise der Medien hochzureden. Es habe einen „Stromabriss“ gegeben. Die AfD würde überwiegend gewählt, um „Druck ins System“ zu bringen. Werde die Flüchtlingssituation einigermaßen gelöst, verschwände sie auch wieder.
Vom Verschwinden des Rechtsextremismus konnte Wolfgang Kiwit (Ruhr-Nachrichten) nicht berichten: Waren es in den 1980er Jahren noch die rechten Fans der „Borussen-Front“, so „studieren die Rechten heute an der TU Dortmund Jura und sitzen in den Stadträten“. Auf Internetseiten ohne Impressum auf ausländischen Servern bekämpfen sie seine Kollegen nicht nur verbal. Angriffe auf Person und Eigentum habe es auch gegeben, ohne dass die Staatsanwaltschaft bisher eingeschritten sei.

Das Problem sei, so das Fazit der Diskussion, dass die Menschen, die „Lügenpresse“ schreien, von Presse und Rundfunk meist gar nicht mehr zu erreichen seien und sich durch die ständige Bestätigung ihrer Ansichten in einschlägigen Social-Media-Kreisen immer weiter in ihre irrealen Vorstellungen hineinsteigerten.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Altersdiskriminierung beim WDR?

Der WDR serviert freie Mitarbeiter*innen ab, die im Rentenalter für den Sender arbeiten wollen. Damit tut er genau das Gegenteil von dem, was in der öffentlichen Diskussion derzeit geraten wird. Während Angestellte sich also über Jahre hinweg auf einen Termin für ihren Ruhestand vorbereiten konnten, wird langjährigen freien Mitarbeiter*innen nun mit kurzer Frist mitgeteilt, wann für sie angeblich Schluss sein soll. Altersdiskriminierung will man beim WDR aber nicht erkennen – für den Sender gehe es vielmehr darum, jüngeren Mitarbeitenden nicht den Einstieg zu blockieren.
mehr »

Buchtipp: Das Prinzip Trotzdem

Wie könnte ein selbstbewusster Journalismus aussehen, der sich gegen die aktuelle Medienkrise zu behaupten weiß und sich auf seine zentrale Rolle für funktionierende demokratischen Gesellschaften besinnt? Roger de Weck war Zeit-Chefredakteur, Generaldirektor des Schweizer Radios und Fernsehens sowie Mitglied des Zukunftsrats für Reformen des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks in Deutschland. In seinem jüngst erschienenen Essay „Das Prinzip Trotzdem. Warum wir den Journalismus vor den Medien retten müssen“ beschäftigt er sich mit genau diesen Fragen.
mehr »

„PR-Puppen“ proben den Aufstand 

Kreative, die der Tech-Konzern OpenAI (ChatGPT, DALL-E) zu einem geschlossenen Produkttest eingeladen hatte, leakten den Testzugang kürzlich und griffen OpenAI in einem Protestschreiben öffentlich an. Sie warfen dem Unternehmen u.a. vor, sie für Marketing und PR zu missbrauchen und Art Washing zu betreiben.Eine teilnehmende Person schildert M , wie es zu dem Leak kam und was Techkonzerne künftig bei der Zusammenarbeit mit Kreativen besser machen können.
mehr »

Studienergebnisse: Worlds of Journalism

Was bedeutet es heute, Journalist*in zu sein? Welche Dynamiken und Entwicklungen lassen sich im Berufsfeld wahrnehmen? Was brauchen wir, um gute und professionelle Arbeit machen zu können? Zu diesen Fragen führt das Langzeitforschungsprojekt „Worlds of Journalism“ seit 2007 weltweit Befragungen durch. Von 2021 bis 2023 ging die Studie in die dritte Runde. Unterstützt von UNESCO und der International Federation of Journalists, fokussiert die aktuelle Umfrage auf den Themenkomplex Risiken und Ungewissheiten. Ein Blick in die Schweiz.
mehr »