Firewall für digitale Demokratie zur Wahl

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Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis fordert im Bundestagswahlkampf 2021 die Parteien auf, einen “Leitfaden für Digitale Demokratie” einzuhalten. Neben dem DGB und der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di gehören auch Reporter ohne Grenzen, Transparency International, LobbyControl, die Amadeo Antonio und die Stiftung Neue Verantwortung zu den Unterzeichnern des jetzt veröffentlichten Appells.

„Noch nie war ein Bundestagswahlkampf so digital: In der Pandemie findet Meinungsbildung fast ausschließlich online statt“, heißt es von den Initiatoren auf der speziell gestarteten Webseite www.campian-watch.de. Doch hinke der Gesetzgeber hinterher. Für den Wahlkampf im Netz gelten bislang kaum Regeln, die Wählerinnen und Wähler vor Manipulation, Diskriminierung und Eingriffen in die Privatsphäre schützen. Deshalb, so erklärt das Bündnis, werde man den Wahlkämpfer*innen verstärkt auf die Finger schauen, ethische und rechtliche Fehltritte für die Öffentlichkeit auch dokumentieren.

Der öffentliche digitale Raum werde bekanntlich für immer mehr Menschen auch zur Bedrohung. Mehr als die Hälfte der Facebook-Nutzer*innen sei schon digitaler Gewalt ausgesetzt gewesen. Das Bundeskriminalamt warnt vor einem Rückzug demokratischer Kräfte. Vertrauenswürdige Medien, die Politik unabhängig und kritisch beobachten, konkurrieren in den sozialen Netzwerken mit Desinformation und Algorithmen, die polarisieren, statt zuverlässige Informationen zu verbreiten, konstatieren die Initiatoren.

Deshalb müssten die demokratischen Parteien sicherstellen, dass das Internet eine positive Kraft für die Demokratie bleibt. Auch Wahlkämpfer*innen hätten eine Wahl: Sie könnten personenbezogene Daten einsetzen, um Wähler*innen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer sexuellen Orientierung ins Visier nehmen – oder nicht. Sie könnten mit Desinformation und Hetze Stimmung machen – oder das unterlassen.

Das Bündnis fordert alle demokratischen Parteien auf, „eine Firewall für die Demokratie zu bauen“ und einen Verhaltenskodex für den digitalen Wahlkampf zu vereinbaren. Dafür haben die Initiatoren vier Regeln formuliert und vorgeschlagen, „deren Einhaltung eigentlich selbstverständlich sein sollte“: Volle Transparenz beim Umgang mit Daten, ein umfassender Grundrechtsschutz und der Verzicht auf Desinformation sowie digitale Gewalt.

Sie sollten für alle Parteien verbindlich sein, „die einen Wahlkampf führen wollen, der Menschen mitnimmt, statt sie auszugrenzen. Der informiert, statt in die Irre zu führen.“

Der Aufruf kann hier unterstützt werden.

 

 

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