Am Leipziger Institut schlagen Strukturdiskussionen hohe Wellen
Schon vor drei Jahren hatte der Leipziger Studiengang Diplom-Journalistik Federn lassen müssen, als ihm durch die Bologna-Reform das Grundstudium abhanden kam (M 8–9/2007). Jetzt tobt am Leipziger Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Kampf um den von Michael Haller im Herbst 2010 geräumten Lehrstuhl.
Der Institutsrat hatte vor Weihnachten beschlossen, den Lehrstuhl in eine Juniorprofessur umzuwandeln und stattdessen eine Professur für Gesundheits- und Umweltkommunikation einzurichten. Die Studentenzahl für den Journalistik-Master soll von 44 auf 20 und die bisher 5,75 Assistentenstellen auf eine reduziert werden, wie den Mitarbeitern Anfang Januar bekannt wurde. Dafür soll das Institut Forschung und Qualifizierung des eigenen Nachwuchses verstärken. Der Journalistik-Master ist nämlich ein nicht-konsekutiver Studiengang und rekrutiert seine Teilnehmer nicht aus den Bachelor-Absolventen des Instituts, sondern aus Fächern, die früher zum Kanon des Zweitfachs gehörten.
Gleichzeitig entstand ein Master-Studiengang „Hörfunk“, in dem Rüdiger Steinmetz die Institutsstudenten beim Unradio „Mephisto 97,6“ willkommen hieß. Der Master ist nicht in der Journalistik angesiedelt, sondern in der Medienwissenschaft. Er soll künftig als Master Medienwissenschaft und Medienpraxis mehr Studierenden Platz bieten und die Radioausbildung ganz übernehmen.
Der verbliebene Journalistik-Professor Marcel Machill, Haller-Vertreter Martin Welker, sowie Mitarbeiter und Studierende der Journalistik protestierten öffentlich gegen die Sparpläne zugunsten der Abteilung Public Relations/Kommunikationsmanagement, die von Institutsdirektor Ansgar Zerfaß und Dekan Günter Bentele geleitet wird. Machill und Haller kritisierten, die PR-Professoren wollten die Vakanz zur Machtausweitung nutzen und warnten vor dem Austrocknen des Journalistik-Studiums.
dju-Bundesgeschäftsführerin Ulrike Maercks-Franzen erklärte den geplanten „Kahlschlag“ als „nicht nachvollziehbar“ und bezweifelte, dass so eine fundierte Journalistenausbildung möglich sei. In einem Offenen Brief reagierten bisher rund 100 Absolventen des Leipziger Journalistik-Studiums aus DDR- und Nachwendezeiten „mit Entsetzen“ auf die Kürzungspläne (www.trice.de/2011/01/23/offener-brief-journalistik/).
Allerdings sind in den Kommentaren auch Kritikpunkte zu lesen, die schon in der „Richtigstellung“ des Institutsrats (www.kmw.uni-leipzig.de ) angesprochen wurden: Die gut ausgestattete Journalistik bringe sich zu wenig in die vom Sparzwang diktierte Strukturdiskussion des Instituts ein und habe durch innere Kämpfe, Schroffheit nach außen und Querelen mit Studierenden ihr Image beschädigt, arbeite nun aber mit „öffentlichen Kampagnen und Lobbyingaktivitäten“. Die scheinen – vorerst – Erfolg zu haben. Die Entscheidung des Fakultätsrats über das Profil des Instituts, für den 25. Januar angesetzt, wurde von Dekan Bentele vertagt. Jetzt geht die Diskussion zurück in den Institutsrat, an der dann auch die dort nicht vertretenen Journalistik-Professoren Machill und Welker teilnehmen werden. Verlangt wird ein Alternativvorschlag zu den bisherigen Strukturideen.