Leserbrief: Traurige Thematik noch nie so auf den Punkt gebracht

„Bloß keine Aufwertung des Lokalen“;
„Journalistinnen raus gekickt“ in M 10 / 2004

Zur Rubrik „pro & contra“ von Gitta Düperthal: Diese traurige Thematik wurde noch nie so auf den Punkt gebracht, wie von unserer Kollegin. Jedes Wort stimmt. Als Bewohner des Dumfbacken-Bundeslandes Bayern, kenne ich diese Problematik präzise. Zum Beispiel die SZ-Ausgabe Landkreis Fürstenfeldbruck: In den Neunzigern unter dem Top-Rechercheur und Chefredakteur Ralf Husemann ein Symbol für knallharten Journalismus in einem völlig korrupten Landkreis. Dann kam plötzlich ein anderer Chefredakteur und stellte binnen 4 Wochen auf Hofberichterstattung um. Sein Lieblingswort ist: „In Gegenwart der Honoratioren …“ (dann folgen Bürgermeister, Schwester eines Bürgermeisters und und und. Zum …! Genau das, was in Pro gesagt wird, findet nun statt. Also: Weg mit dem SZ-FFB-Blättchen!

Zur Kolumne von Gitta Düperthal: Meine Frau ist Journalistin (seit 1972). Genau das, was unsere Kollegin anprangert, findet täglich statt. 1972 sagte ein damaliger Verleger und Chefredakteur zu meiner Frau, die eine Behinderung hatte „ich verstehe nicht, wie der Baron einen Krüppel heiraten kann“.

Zum Thema Korruption: Bestechung mit Geld wird es immer geben, muss natürlich aufgedeckt werden. Wesentlich schlimmer ist dagegen die moralische, charakterliche, geistige Korrumpierung eines ganzen Staates. Da sind wir nun angelangt. Die Anständigen sind schon längst Minorität, trotzdem müssen wir weiter kämpfen. Den jungen KollegInnen kann ich (63) nur raten: Lasst Euch von Niemandem beleidigen. Wehrt Euch, und zwar sofort. Schlagt verbal zu. Im Redaktionsalltag sofort knallhart klarstellen. Viele Sachen, mit denen man Euch beleidigt, stellen strafbewehrte Delikte dar. Geht zum Staatsanwalt, erstattet Anzeige. Ich habe das einige Male praktiziert. Mit Erfolg. Ihr werdet Euch wundern, wie das hilft. Und noch etwas bitte: Jemand, der als Chef, Arbeitgeber ein Schweinehund ist, der sichert Euch den Job ohnedies nicht. Also haut ihm verbal auf die Schnauze, denn ihr seid ihm völlig wurscht. Lasst uns kämpfen!

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »

KI darf keine KI-Texte nutzen

Die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der KI im eigenen Metier wird Journalist*innen noch lange weiter beschäftigen. Bei der jüngsten ver.di-KI-Online-Veranstaltung ging es um den Anspruch an Gute Arbeit und Qualität. ver.di hat zum Einsatz von KI Positionen und ethische Leitlinien entwickelt. Bettina Hesse, Referentin für Medienpolitik, stellte das Papier vor, das die Bundesfachgruppe Medien, Journalismus und Film zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Journalismus erarbeitet hat.
mehr »

Unabhängige Medien in Gefahr

Beim ver.di-Medientag Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutierten am 20. April rund 50 Teilnehmende im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig die aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft, die Diversität in den Medien und Angriffe auf Medienschaffende. Das alles auch vor dem Hintergrund, dass bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg die AfD laut Umfragen stark profitiert. 
mehr »

Wie prekär ist der Journalismus?

„Daten statt Anekdoten“, das war das Ziel des Forschungsprojekts „Prekarisierung im Journalismus“ an der LMU München, das nun nach fast fünf Jahren mit einem internationalen Symposium in München endete. Zu den Daten aus Europa hatte auch die dju in ver.di ihren Beitrag geleistet, als sie ihre Mitglieder um Teilnahme an der Online-Befragung bat und in M über die Ergebnisse berichtete.
mehr »