Steady nutzt RSF-Standard

Journalism Trust Initiative © RSF

Der Qualitätsjournalismus steht unter Druck: Angesichts grassierender Desinformation, intransparenter Algorithmen und übermächtigen Technologiekonzernen verliert er weltweit an Ansehen, Reichweite und Einnahmen. Das macht ihn weniger wettbewerbsfähig. Die Journalism Trust Initiative (JTI) von Reporter ohne Grenzen (RSF) will das ändern. Mit Steady nutzt nun auch die größte Internetplattform zur Projektfinanzierung aus Europa den JTI-Standard, informierte RSF am 26. Juni.

Die Journalism Trust Initiative (JTI) setzt sich für professionelle ethische Standards im globalen Informationsraum ein. Dafür hat die JTI Indikatoren für die Vertrauenswürdigkeit redaktioneller Methoden und Verfahren journalistischer Angebote entwickelt und fördert und belohnt deren Einhaltung. Dieser zertifizierte JTI-Standard soll weltweit Nachrichtenmedien aller Art und Größe als einheitliches Werkzeug für den Nachweis von Transparenz und journalistischer Professionalität dienen – und damit nachhaltig das Vertrauen in journalistische Angebote stärken.

„Wir freuen uns sehr, dass die Zusammenarbeit mit Steady die Journalism Trust Initiative jetzt auch für kleinere Redaktionen und unabhängige Medienschaffende attraktiver macht“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Professionelle journalistische Standards einzuhalten und dadurch vertrauenswürdige Inhalte zu garantieren, ist kein Privileg großer Medienhäuser, sondern eine Herausforderung, der sich alle stellen sollten.“

Tina Dingel, Geschäftsführerin von Steady, ergänzt: „Viele Medienschaffende nutzen Steady, um ihre journalistischen Angebote zu veröffentlichen oder zu monetarisieren, darunter die Teams von Krautreporter, Übermedien, Volksverpetzer oder die Autor*innen Peter Wittkamp und Sibylle Berg.“ Steady wurde im Jahr 2016 von Sebastian Esser, Philipp Schwörbel, Dirk Holzapfel, Manuel Kallenbach und Gabriel Yoran gegründet. Das Unternehmen will Medienschaffende dazu zu befähigen, sich unabhängig und mit einer eigenen Community zu finanzieren. Das funktioniert über kostenpflichtige Mitgliedschaften, mit denen Fans ihre Lieblingsprojekte unterstützen können. Heute gilt Steady als größte Membership-Plattform aus Europa, zählt 34 Mitarbeitende, 200.000 zahlende Mitglieder und 1.700 Creators

Die JTI wurde von Reporter ohne Grenzen initiiert, mit Unterstützung der European Broadcasting Union (EBU) und der Nachrichtenagentur Agence France Presse (AFP). Unter der Schirmherrschaft des Europäischen Komitees für Normung (CEN) hat eine Gruppe internationaler Expert*innen den Standard entwickelt und im Dezember 2019 veröffentlicht. Mehr als 600 Medienunternehmen implementieren den Standard derzeit, fast 100 haben einen öffentlich zugänglichen Transparenzbericht veröffentlicht. 16 Medienanbieter haben sogar ein externes Audit durchlaufen und das offizielle JTI-Zertifikat erhalten, darunter die reichweitenstarken United-Internet-Portale GMX News und Web.de News, der französische öffentlich-rechtliche Fernsehsender France Télévisions und die Schweizer Nachrichtenplattform swissinfo.ch.

Seit 2021 können sich Medien mit der dazugehörigen App unabhängig zertifizieren lassen. Das Verfahren besteht aus drei Schritten: In der ersten Stufe führt das Medium eine Selbstevaluierung durch, die auf dem Fragenkatalog des JTI-Standards basiert. Dies ist vor allem ein Diagnosewerkzeug für redaktionelle Prozesse, um Verbesserungspotenziale zu ermitteln. Wenn das Medium dazu bereit ist, kann es seine Selbstevaluierung veröffentlichen und damit in die zweite Phase übergehen – das Ergebnis ist ein öffentlich sichtbarer Transparenzbericht. Die dritte und letzte Stufe bietet die Option, zertifiziert zu werden. Dabei wird die Selbstevaluierung mit den Anforderungen des JTI-Standards von einer unabhängig akkreditierten Zertifizierungsstelle geprüft.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »