Enron

Aufstieg und Niedergang in packendem Börsenkrimi

„The World’s Greatest Company“ – so nannte sich die amerikanische Firma Enron gern selbst. Der Energie-Konzern mit Sitz im texanischen Houston, der 1985 aus der Fusion zweier Erdgas-Unternehmen hervorging, zählte zu den mächtigsten Unternehmen der Vereinigten Staaten, brachte jedoch nach seinem Sturz 2002 einen der größten Finanzskandale der US- Wirtschaftsgeschichte ans Licht: Enron hatte seinen Erfolg auf konsequente Bilanzmanipulationen, Schulden und falschen Versprechungen gegründet.

Ein ausgeklügeltes System von Unterfirmen hatte den Börsenwert trotz immenser Schuldenberge ins Unermessliche wachsen lassen. Der Kurs der Enron-Aktie stürzte ins Bodenlose und zerstörte die Ersparnisse von zahllosen Mitarbeitern und Kleinanlegern. 20.000 Beschäftigte verloren ihre Arbeit, und die Manager, die sich bis zum letzten Moment persönlich bereicherten, hatten zwei Milliarden Dollar des Pensionsfonds vernichtet.
Alex Gibneys packender Börsenkrimi dokumentiert nach dem gleichnamigen Buch der beiden Wirtschaftsjournalisten Peter Elkind und Bethany McLean Aufstieg und Niedergang der Firma in einer auch für den Laien verständlichen Weise. Er zeichnet chronologisch nach, wie Manager Jeff Skilling nach und nach die Produktpalette erweiterte, sich im Handel mit Speicherkapazität im Internetverkehr versuchte, mit Rohstoffoptionen und Termingeschäften spekulierte, sogar mit dem Wetter. Darüber hinaus betrieb dieser Mann eine menschenunwürdige Personalpolitik: Einmal jährlich musterte er die Mitarbeiter auf ihre Tauglichkeit aus und feuerte all jene, die seinen Leistungsansprüchen nicht genügten. Zu den Banken und ihren famosen Analysten standen er und Firmenchef Lay gleichwohl in bester Beziehung. Überhaupt hatte Enron die bes­ten Kontakte, weshalb sich auch die Presse immer wieder damit abfand, dass sich der Konzern mit fadenscheinigen Begründungen weigerte, Bilanzen vorzulegen. Den Chef der Energieaufsichtsbehörde durfte Lay sich aussuchen, mit George W. Bush war er bes­tens bekannt. Nicht zuletzt an der haarsträubenden kalifornischen Energiekrise im Jahr 2000 war Enron maßgeblich beteiligt. Versorgungsengpässe wurden da inszeniert, ganze Städte ließ man in Finsternis versinken, um den Strompreis in die Höhe zu treiben. Und selbst, als der Untergang bereits absehbar war, sich Skilling schon aus „persönlichen Gründen“ aus dem Staub gemacht hatte, stellte sich Lay vor die Belegschaft und beschwichtigte, dem Unternehmen gehe es angeblich gut.
Wobei die Schuld keineswegs nur die Führungskräfte trifft. Auch Banken, Investoren und Geschäftspartner verdienten bei Enron mit, und sie alle müssen mehr oder weniger bewusst die Augen geschlossen haben. Wie konnte es soweit kommen? Gibney forscht nach Motivationen, holt eine Vielzahl von Experten vor die Kamera, will die Schuldigen verstehen, soweit das möglich ist und gibt doch in den besten Momenten seine eigene Fassungslosigkeit einfach an den Zuschauer weiter. „Enron – The Smartest Guys In The Room“ ist ein erschütternd zeitloser Film darüber, was Profitgier aus Menschen machen kann.

Enron

SA 2005.
R: Alex Gibney
109 Min.

 

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