Für den Erhalt von Staatsferne, Programmvielfalt, Qualität und Finanzausgleich

Unter anderem war an diesem Gewerkschaftstag bemerkenswert, daß auch alle vorgelegten Anträge und Initiativanträge in der vorgesehenen Zeit behandelt werden konnten – wenn auch durch den Verzicht auf die vorgesehene Podiumsdiskussion zur Zukunft der Arbeit, die nun auf Beschluß des Gewerkschaftstages als gesonderte, möglichst öffentlichkeitswirksame Veranstaltung nachgeholt werden soll. Damit konnte auch über aktuelle und grundsätzliche Anträge zur Medienpolitik debattiert werden – so sehr viele lagen allerdings zu diesem Thema nicht vor.

Der Forderung der Bundesfachgruppenkonferenz der Fachgruppe Rundfunk/Film/Audiovisuelle Medien an die Intendanten und die Kontrollgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, „die publizistische Unabhängigkeit und die Programmqualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern“, schlossen sich die Delegierten des Gewerkschaftstages einmütig an. In diesem Zusammenhang stellten sie fest: „Firmenausgründungen aus öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die die Produktionsfähigkeit und den Programmauftrag der Anstalten gefährden, werden grundsätzlich abgelehnt.“

(A 113). Einstimmig wurde auch eine Resolution verabschiedet, die aus aktuellem Anlaß „den Versuch der Generaldirektion van Miert, über wettbewerbsrechtliche Richtlinien Einfluß auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Europa“ zu nehmen, verurteilte : „Die Auffassung der GD IV, daß Sportveranstaltungen und auch Unterhaltungssendungen nicht vom öffentlich-rechtlichen Auftrag zur Grundversorgung erfaßt sind und damit nicht über Gebühren finanziert werden sollten, ist falsch und zielt darauf, den öffentlich-rechtlichenRundfunk in ein Minderheitenghetto abzudrängen. Diese Programmveranstaltungen über Werbegelder zu finanzieren, würde gerade im dualen Rundfunksystem zu Wettbewerbsverzerrungen führen, die vorgeblich mit den Leitsätzen vermieden werden sollen.“

Weitere Anträge befaßten sich mit der Forderung nach „sachgerechter Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ (115), Bestand und Entwicklung des Saarländischen Rundfunk (116) – einer Frage, bei der es nicht nur um einen kleinen Sender und dessen Arbeitsplätze, nicht nur um Vielfalt im Programmangebot geht, wie in der Diskussion betont wurde, sondern auch „um Machtpolitik“, so daß das Bestreben, auch kleine Sender lebensfähig zu erhalten, eine die Ländergrenzen übergreifende gemeinsame Angelegenheit sei. Bekräftigt wurde diese Ansicht in der Diskussion um die Anträge 117 und 118, bei denen es um den Erhalt des Finanzausgleichs zwischen den Anstalten der ARD und damit um den Erhalt der föderalen Struktur der ARD ging. Hanne Daum, Personalratsvorsitzende beim SFB, schilderte die schleichende, aber wirkungsvolle Umsetzung der Biedenkopf/Stoiber-Thesen vom März 1995, die auf eine Zerschlagung der ARD und eine Verlagerung nur noch auf die dritten Programme und eine Abschaffung des Finanzausgleichs hinausliefen und damals noch von vielen vehement abgelehnt wurden. Inzwischen haben sich auch die Intendanten in dieser Frage auf eine „Salamitaktik“ eingelassen – wenn z.B. in ihren Übereinkünften der SFB beim nächsten Finanzausgleich bereits „außen vor“ sein soll und damit stark gefährdet ist. Eine Reduzierung von Programm und Personal wäre die Folge – und dabei wären nicht nur die Arbeitsplätze der angestellten Kolleginnen und Kollegen in Gefahr, sondern auch die Arbeitsmöglichkeiten der zahlreichen Freien stark eingeschränkt. Diese Einflußnahme der Politik – von Stoiber und seinem Sprachrohr Huber Ende Oktober noch einmal lautstark bekräftigt – hat mit der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunk, hat mit Rundfunkfreiheit und Rundfunkföderalismus nichts mehr zu tun. Diese Ansicht bekräftigten die Delegierten mit der einstimmigen Annahme der entsprechenden Anträge.

Weiterhin forderten sie EU-Kommission und Bundesregierung zu einvernehmlichen Regelungen bei der Kontrolle der Medienkonzentration auf, da es gelte, „neben der wirtschaftlichen die publizistische Monopolbildung zu verhindern und Meinungsfreiheit sowie Informationsvielfalt sicherzustellen“ (A 119). Weitere Beschlüsse fordern die IG Medien auf, sich weiterhin für den Ausbau des Schutzes der Urheber und der Inhaber verwandter Schutzrechte einzusetzen (A 120), die restriktive Auslegung des Einigungsvertrages im Bereich urheberrechtlicher Verträge auch durch gerichtliche Verfahren zu beenden (A 121 greift damit einen Beschluß bereits des vorigen Gewerkschaftstages wieder auf) und sich für eine Gesetzesinitiative zur Abschaffung des (section) 118 Betriebsverfassungsgesetz(Tendenzschutz) stark zu machen (A 122). Für die bessere Betreuung der oft freiberuflich tätigen Medienschaffenden besonders wichtig wird die Umsetzung des Beschlusses 59, in dem der Hauptvorstand aufgefordert wird, ein Konzept zur bundesweiten Freien-Beratung zu entwickeln, das unter anderem die Schaltung einer Hotline und die kurzfristige Vermittlung kompetenter Ansprechpartner sowie die Benennung (und Qualifizierung) konkreter hauptamtlicher Ansprechpartner in allen Landesbezirken und möglichst Bezirken enthalten soll.

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