Peter Freitag: „Gesinnungskölner“ mit Liebe zum Landleben

Ob Tageszeitung oder Boulevard, Hörfunk oder Fernsehen, Peter Freitag hat schon alles gemacht, als Fester, Freier und als Pauschalist. In die Gewerkschaft einzutreten, war für ihn keine Frage. Schon drei Monate, nachdem er als Student begonnen hatte, frei für den WDR und den „Kölner Stadtanzeiger“ zur arbeiten, war er Mitglied der damals noch recht neuen IG Medien.

Er ist auch nicht der Typ für eine „Karteileiche“. Neben seiner Mitgliedschaft im Landesvorstand der dju in NRW ist er in den im Februar gewählten Bundesvorständen der dju in ver.di und der Fachgruppe „Medien, Journalismus und Film“ (wieder) stellvertretender Vorsitzender. Seit Dezember 2021 sitzt er im WDR-Rundfunkrat. Doch seine gewerkschaftliche Arbeit geht über Deutschland hinaus: Er ist Mitglied der Labour Rights Expert Group der Europäischen Journalistenföderation (EJF).

Freitag, der sich im Kölner Karneval auch gern mal als Micky Maus präsentiert, ist kein Kölner, sondern aus Kassel. An den Rhein kam er zum Studium der Politik, Germanistik und Geschichte. „Ich bin bestens angekommen“, meint er lachend: „Ich bin Gesinnungs-Kölner!“ Köln war lange sein Mittelpunkt, ob beim WDR1 oder, da er ungern seine Stimme im Radio hörte, als Newscutter beim WDR-Fernsehen. Weitere Stationen waren der „Kölner Morgen“, der „Kölner Express“ und der „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Deshalb war er als begeisterter Kölner und Fan des 1. FC auch nicht glücklich, als es ihn 2010 eine Personal-Rochade beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ in die Lokalredaktion des Rhein-Sieg-Kreises in Siegburg verschlug: „Provinz!“ war sein erster Gedanke damals. „Als Pauschalisten konnte man mich leider einfach verschieben.“

2014 wurden die meisten Lokalredaktionen von „Kölner-Stadt-Anzeiger“ (DuMont-Verlag) und „Kölnischer Rundschau“ (Heinen Verlag) zur Rheinischen Redaktionsgemeinschaft zusammengelegt. Die Beschäftigten reagiertem mit der Gründung eines gemeinsamen Betriebsrats. Ziele des neuen Gremiums: Ende der Zwei-Klassen-Gesellschaft von Redakteur*innen und Pauschalist*innen und Rückkehr in die Tarifbindung. Das war ein langer Kampf mit vielen Streiks, besonders in den Jahren 2016/17, und einem hohen Organisationsgrad. „Ich bin gewachsen in diesen Auseinandersetzungen“, meint Freitag rückblickend.

Die Verlage haben gedroht, die Redaktionsgemeinschaft wieder zuzumachen. Doch den Beschäftigten kam eine nordrhein-westfälische Eigenheit zu Hilfe: Die Landesschlichtung. Im Ergebnis wurden zum 1. Januar 2019 in der Rheinischen Redaktionsgemeinschaft alle Pauschalist*innen zu festen Redakteur*innen.

Freitag hat in diesen Jahren einiges erlebt, unter anderem eine stundenlange Zeugenvernehmung durch den Zoll wegen Scheinselbstständigkeit. Und der Kampf um Gleichheit der Berufsverhältnisse ist noch nicht beendet. Aktuell liegt eine Klage beim Bundesarbeitsgericht wegen der Anerkennung aller, auch freier, Berufsjahre der „neuen“ Redakteur*innen. „Wenn wir tatsächlich gewinnen, können sich wohl hunderte Redakteur*innen ihre Freienjahre als Berufserfahrung neu berechnen lassen“, meint Freitag hoffnungsvoll.

Und Siegburg? Damit ist er inzwischen glücklich. Seine Freundin, jetzt Frau, lebte damals schon dort. Und wenn er jetzt von seinem Garten mit eigenen Hühnern berichtet, strahlt er.

 

 

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