Der Begriff der Netzneutralität mag sperrig sein, sein Inhalt ist jedoch im Kern schlicht: Im Internet werden alle Daten gleichbehandelt. Jeder kann im Netz gleichermaßen unterwegs sein, die Informationen sind für alle im gleichen Umfang abrufbar, die Provider müssen alle Daten gleich fortbewegen. In den USA soll damit jetzt Schluss sein. Die Aufsichtsbehörde für Telekommunikation FCC (Federal Communications Commission) hat entschieden, dass das Gebot der Netzneutralität nicht mehr gelten soll.
Künftig ist damit der im Vorteil, der die Hoheit über die Leitungen hat oder bereit ist, für Datendienste mehr zu zahlen. Auf der Strecke bleiben zum Beispiel kleinere Webseiten-Betreiber, Start-ups oder Nutzer_innen, die nicht für bevorzugte Datenpakete aufkommen wollen oder können. Gewinner in den USA sind die Internet Service Provider, die den Zugang der Inhalte im Netz ermöglichen und bisher angehalten waren, sich dabei neutral zu verhalten. Dafür waren unter der Regierung von Barack Obama 2015 von der FCC strenge Regeln erlassen worden. Sie besagten, dass die Telekommunikationsdienste keine Inhalte – auch keine eigenen – bevorzugen dürfen. Ihnen wurde verboten, Daten zu blockieren oder die Geschwindigkeit der Weiterleitung zu drosseln sowie Gebühren für eine beschleunigte Zustellung von Inhalten zu erheben.
Entscheidung gegen die Netzneutralität war absehbar
Mit der Entscheidung der FCC ist nun eingetreten, womit schon länger gerechnet wurde. Mit der Übernahme des Vorsitzes des Gremiums durch den Republikaner Ajit Pai im Februar dieses Jahres hatte ein ausgesprochener Deregulierer die FCC-Führung übernommen. Das fünfköpfige Gremium, besetzt mit drei Republikanern und zwei Demokraten, hat nun die Regeln der Netzneutralität außer Kraft gesetzt. Damit können die Provider künftig frei schalten und walten. Sie entscheiden, welchen Inhalten sie – gegen eine Gebühr – den Vorzug geben.
„Und weil die Bandbreite im Netz nicht dadurch größer wird, dass einige Anbieter nun breitere, schnellere Spuren benötigen, heißt das auch, dass andere Inhalte nun langsamer oder gar nicht mehr befördert werden“, befürchtet die Süddeutsche Zeitung. Aber auch die großen Anbieter von Inhalten müssten sich nun auf Konkurrenz einstellen: „So könnte die Suchmaschine von Microsoft, Bing, gegenüber Google schneller und ungedrosselt abrufbar werden, wenn denn der Windows-Konzern dafür zahlt. Oder Google könnte Geld in die Hand nehmen, um kleine Konkurrenten vom Markt zu drängen oder gar nicht erst hochkommen zu lassen.“
Welche Auswirkungen das Ganze auf Europa hat, ist noch nicht abzusehen. Folgenlos wird es nicht bleiben. Denn auch hierzulande würden Provider gern mit der Priorisierung von Inhalten Geld verdienen, was bisher nach europäischem Recht verboten ist. Aber Telekom (StreamOn) und Vodafone wagen sich hier bereits im Mobilfunkbereich mit der umstrittenen Zero-Rating-Praxis vor. Das heißt, das ausgewählte Dienste, etwa das Streamen von Musik, nicht auf das Datenvolumen der Nutzer_innen angerechnet werden.
Mehr Informationen zur Netzneutralität in den USA: