Die baskische Tageszeitung Gara wurde vor wenigen Wochen 20. Es könnte der letzte Geburtstag gewesen sein. Denn das linksnationalistische Blatt soll – so will es die spanische Justiz – über drei Millionen Euro Schulden begleichen. Das Ganze hat allerdings einen Haken: „Es sind nicht unsere Schulden. Es sind die Schulden der 1998 verbotenen und geschlossenen Tageszeitung Egin“, erklärt Gara-Mitherausgeber Mikel Jauregi.
Dass Gara die Schulden trotzdem begleichen soll, hat Spaniens mittlerweile vom Dienst suspendierter einstiger Starrichter Baltasar Garzón entschieden. Er sah in Gara das direkte Nachfolgeblatt der Egin, die er wegen ihrer vermeintlichen Nähe zur damals noch aktiven, bewaffneten baskischen Separatistenorganisation ETA schließen ließ. „Dabei ist Gara ein völlig neues Projekt“, beschwert sich Jauregi. Das Geld für die Tageszeitung sei per weit gestreuter Anteilsscheine gesammelt worden, die Belegschaft sei größtenteils neu gewesen und Gebäude und Technik hätten ebenfalls neu erstanden werden müssen.
„Selbst, wenn wir gewollt hätten, wäre eine Übernahme des Egin-Gebäudes in Hernani gar nicht möglich gewesen“, sagt Jauregi. Garzón hatte es beschlagnahmen lassen. Es steht seither leer und verfällt. „Warum wir dennoch das Nachfolgeblatt und damit für die Schulden verantwortlich sein sollen? Das ist schwer zu verstehen. Garzón sieht in uns eine ‚ideologische Nachfolge‘“, sagt Jauregi. Und das reiche nun, nach mittlerweile 15 Jahren rechtlichem Hin und Her, um die Schulden einzutreiben.
Alle sechs Monate werde nun eine halbe Million Euro fällig. „Das ist mehr als das gesamte Lohn- und Honorarvolumen von Gara in einem ganzen Jahr“, sagt Jauregi. Was am schwersten wiegt: Die Schließung von Egin wurde Jahre später vom Obersten Gerichtshof Spaniens für nicht rechtmäßig erklärt. Inzwischen waren das Gebäude und die sonstigen Besitztümer des Blattes, das auch ein Radio betrieb, aufgrund mangelnder Instandhaltung jedoch bereits massiv beschädigt. Die Schulden, die per Verkauf der Egin-Passiva hätten zum Großteil beglichen werden können, waren damit konsolidiert. „Gara lebt seit 15 Jahren unter strikter Finanzaufsicht durch die Justiz“, berichtet Jauregi. Die Aneignung und eventuelle Veräußerung der Immobilie von Egin sei somit gar nicht möglich gewesen.
In den letzten Jahren waren es vor allem die Abonnent*innen, die Gara über Wasser hielten. Jetzt will das Blatt, das täglich 86.000 Leser*innen zählt, in einer breit angelegten Kampagne 10.000 zusätzliche Abonnent*innen für die kommenden zwei Jahre – sowohl auf Papier als auch digital – werben, um aus dem Schuldenloch zu kommen. Unterstützerkomitees gegen den #ExpolioGARA – die Plünderung Garas – überall im Baskenland sollen dabei helfen. Für die Abonnent*innen gibt es sowohl die tägliche Printausgabe als auch zahlungspflichtige Online-Texte.
„Wir wollen die Pressefreiheit und die Meinungsvielfalt unterstützen“, heißt es in einem Schreiben, das von über 700 Menschen aus der Medienbranche aus dem In- und Ausland unterzeichnet wurde. „Wir Journalist*innen haben schon genügend aktuelle Probleme und kommende Herausforderungen, als dass wir uns wegen der Gespenster des Vergangenen Sorgen machen sollten“, endet die Solidaritätsnote.