Wegen Online-Videos aus Wuhan verurteilt

Aktion für Bürgerjournalistin Zhang Zhan in China:

Mit ihrer Kamera hat Zhang Zhan seit Februar 2020 über den Ausbruch der Corona-Pandemie in der chinesischen Stadt Wuhan berichtet und so dazu beigetragen, dass die Ausbreitung der Viruserkrankung überhaupt bekannt wurde. Die chinesischen Behörden haben diese Transparenz unterbunden und bestraft. Im Mai 2020 wurde die Journalistin inhaftiert, im Dezember kam es noch schlimmer für sie.

Offenbar hofften die chinesischen Behörden darauf, dass der Rest der Welt zwischen Weihnachten und Neujahr mit anderen Dingen als mit Gerichtsverfahren in China beschäftigt sein würde. Doch die Rechnung ging nicht auf: Schon kurz nachdem das Urteil gegen die Bürgerjournalistin Zhang Zhan gefällt worden war, verbreitete sich die Nachricht weltweit in den Medien und schaffte es zum Beispiel auch in die „Tagesschau“.

In einem sehr kurzen Verfahren in Schanghai entschieden die Richter nämlich, dass Zhang Zhan für vier Jahre im Gefängnis bleiben muss. Der Vorwurf gegen die 37-jährige frühere Anwältin, die sich in ihren Berichten auf politische und menschenrechtliche Themen spezialisiert hat, lautete, „Streit geschürt und Unruhe provoziert“ zu haben. Dabei hatte die Journalistin lediglich zu Beginn der Pandemie in Online-Videos über die Ausbreitung des Coronavirus in der Millionenmetropole Wuhan berichtet. In ihren Berichten, die sie unter anderem über Plattformen wie YouTube, Twitter und WeChat verbreitete, hatte sie auch kritische Bemerkungen über die Reaktion der Behörden auf das neue Virus fallen lassen. Unter anderem berichtete sie über Schikanierungen gegen Familienangehörige Erkrankter und machte auf die Inhaftierung kritischer Reporter*innen aufmerksam. Das wurde ihr später zum Verhängnis.

Denn am 15. Mai „verschwand“ Zhang Zhan plötzlich aus Wuhan. Erst später wurde bekannt, dass sie festgenommen worden war. Im Gefängnis in Schanghai trat sie aus Protest gegen ihre Inhaftierung und die schlechten Haftbedingungen in einen Hungerstreik. Daraufhin wurde sie zwangsernährt und musste monatelang Hand- und Fußfesseln tragen. Im Gerichtssaal erschien sie im Rollstuhl.

Um weiteren Bestrafungen zu entgehen, begann sie nach der Verurteilung im Dezember wieder Nahrung zu sich zu nehmen. Weiterhin sorgt sich Amnesty International aber um ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen und befürchtet, dass Zhang Zhan misshandelt werden könnte. Weil sie lediglich wegen der Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurde, fordert die Organisation außerdem ihre umgehende Freilassung.

Die sogenannten Bürgerjournalist*innen waren nach Ausbruch der Pandemie in Wuhan die einzige unzensierte Quelle für Informationen zum Covid-19-Ausbruch in China. Sie geraten immer wieder ins Visier der Behörden, die alle offiziellen Medien des Landes kontrollieren und denen einen unabhängige Berichterstattung ein Dorn im Auge ist.

Was können Sie tun?

Schreiben sie an den chinesischen Staatspräsidenten und fordern Sie ihn auf, die Bürgerjournalistin Zhang Zhan umgehend und bedingungslos aus der Haft zu entlassen, weil sie lediglich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat und keine Beweise dafür vorliegen, dass sie eine international als Straftat anerkannte Handlung begangen haben könnte.
Schreiben Sie auf Chinesisch, Englisch oder Deutsch an:

Xi Jinping
Zhongnanhai, Xichang’anjie
Xichengqu, Beijing Shi 100017
VOLKSREPUBLIK CHINA
Fax: 00 86 – 10 6238 1025
E-Mail: english@mail.gov.cn

Senden Sie eine Kopie an:

Botschaft der Volksrepublik China
S. E. Herrn Ken Wu
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: (030) 2758 8221
E-Mail: presse.botschaftchina@gmail.com

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Eine Medienplattform für Europa

Für ARD und ZDF war es eine richtungsweisende Entscheidung, als sie vor einem Jahr mitteilten, ihre Mediathek-Software gemeinsam entwickeln zu wollen. Mit im Boot ist inzwischen auch das Deutschlandradio. Unter dem Projektnamen „Streaming OS“ laufen die Arbeiten. OS steht für „Operating System“, aber auch für „Open Source“. Die öffentlich-rechtlichen Sender wollen wichtige technische Bausteine für ihre Streaming-Aktivitäten auch anderen Anbietern und Organisationen frei zugänglich machen. Eine europäische Ausrichtung haben sie ebenso im Blick.
mehr »

„Das Arbeitsklima ist extrem hart“

In der Nahaufnahme für das Jahr 2025 beschäftigt sich Reporter ohne Grenzen (RSF) unter anderem mit der deutschen Berichterstattung zum Gaza-Krieg nach dem Überfall der Hamas auf Israel. Von der Organisation befragte Journalist*innen sprechen über massiven Druck, Selbstzensur und erodierende journalistische Standards. Ein Interview mit Katharina Weiß, Referentin bei Reporter ohne Grenzen Deutschland.
mehr »

AfD-Einstufung zwingt Rundfunkgremien zum Handeln

Das zunächst unter Verschluss gehaltene Gutachten des Verfassungsschutzes, welches zur Einstufung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistische Partei“ führte, wurde nunmehr durch Medien veröffentlicht. Innenminister Dobrindt ließ zunächst offen, inwiefern juristische Schritte gegen die Veröffentlichung geplant seien. Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im Bundesvorstand von ver.di, begrüßt, dass nun öffentlich über das Zustandekommen der Einstufung diskutiert werden kann.
mehr »

Schon entdeckt: Soli:Mag

SOLI:MAG ist das Magazin der DGB-Jugend, es ist 2024 hervorgegangen aus dem Newsletter Soli aktuell. Das Printmagazin-Format gab es zwischen 1949 und 1995 bereits. Zurzeit hat es 24 Seiten, entwickelt hat es die Design-Agentur 4S Design aus Berlin. Layout und Satz: Heiko von Schrenk. Redakteur ist der Berliner Journalist Jürgen Kiontke. Druck: DCM Druck Center Meckenheim GmbH. Erscheinungsweise: vierteljährlich. Es ist das einzige regelmäßig erscheinende Print-Magazin der Gewerkschaftsjugend.
mehr »