Zutritt für Medien an der Grenze zu Belarus

Geflüchtete an der polnisch-belarussischen Grenze am 9. November 2021 Foto: pictures alliance/ AA

Angesichts der dramatischen Situation von Flüchtenden in der Grenzregion zwischen Polen und Belarus fordert Reporter ohne Grenzen (RSF) die polnischen Behörden auf, Medien den Zutritt ins Grenzgebiet zu ermöglichen. Seit dem 2. September gilt ein Ausnahmezustand, der es Journalistinnen und Reportern verbietet, einen etwa drei Kilometer breiten und 418 Kilometer langen Sperrgürtel zu betreten. Die Organisation fordert, diesen Ausnahmezustand für die Pressefreiheit zu beenden.

„Die polnische Regierung möchte verhindern, dass Bilder von möglichen illegalen Pushbacks an die Öffentlichkeit gelangen“, sagte RSF-Vorstandssprecher Michael Rediske. Nachrichten aus der Sperrzone kämen entweder von offiziellen Stellen oder von Quellen aus den Sozialen Medien. Um solche Informationen unabhängig zu überprüfen, müssten Journalistinnen und Journalisten ungehindert berichten können.

Seit der Ausrufung des Notstands an der Grenze haben die polnischen Behörden vereinzelt Medienschaffende festgenommen. Am 28. September wurde ein dreiköpfiges Team um die „Arte“-Journalistin Ulrike Däßler festgesetzt. Sie waren mit ihrem Auto offenkundig versehentlich in das Sperrgebiet gefahren. Polizeibeamte beschlagnahmten ihre Ausrüstung, sie wurden verhört, bekamen Handschellen angelegt und mussten die Nacht in Einzelhaft verbringen. Kurz zuvor sei bereits eine Reporterin der polnischen Tageszeitung „Fakt“ festgehalten worden.

Im Juli 2021 kam ein Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU zu dem Schluss, dass sich das Klima für Journalistinnen und Journalisten in Polen seit 2020 verschlechtert habe. Gerichtsprozesse sollten Medienschaffende einschüchtern, zugleich würden diese immer weniger geschützt und seien auf Demonstrationen zunehmend Gewalt ausgesetzt, auch seitens der Polizei.

Auf der RSF-Rangliste der Pressefreiheit steht Polen auf Platz 64 von 180 Staaten.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Italien: Neun Jahre Haft für Recherche?

Drei Reporter*innen der italienischen Tageszeitung Domani müssen mit bis zu neun Jahren Gefängnis rechnen. Die Staatsanwaltschaft Perugia ermittelt gegen sie, weil sie vertrauliche Dokumente von einem Beamten angefordert und erhalten und das Geheimhaltungsprinzip der Ermittlungen verletzt haben sollen. Die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll kritisierte, dass „hier investigative Berichterstattung über Mitglieder der italienischen Regierung unterdrückt werden soll."
mehr »

RSF: Vertrauen Sie der freien Presse!

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wählt in diesem Jahr ein neues Staatsoberhaupt oder eine neue Regierung, Regional- oder Kommunalpolitiker. Gleichzeitig begeht die deutsche Sektion von Reporter ohne Grenzen (RSF) ihr 30-jähriges Bestehen. Grund genug für die Kampagne „Erste Worte“. Unterschiedliche Menschen hören Auszüge aus den Antrittsreden ihrer Präsidenten: Wladimir Putin aus dem Jahr 2000, Nicolás Maduro aus dem Jahr 2013 und Recep Tayyip Erdogan 2014.
mehr »

Unabhängige Medien in Gefahr

Beim ver.di-Medientag Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutierten am 20. April rund 50 Teilnehmende im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig die aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft, die Diversität in den Medien und Angriffe auf Medienschaffende. Das alles auch vor dem Hintergrund, dass bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg die AfD laut Umfragen stark profitiert. 
mehr »

Italien plant harte Strafen für Journalisten

Italien plant eine Reform seines Verleumdungsgesetzes. Das Vorhaben wird derzeit vom Justizausschuss des italienischen Senats geprüft und sieht neben höheren Geldstrafen auch ein gefährliches Verbot journalistischer Berufsausübung vor. Verurteilte Reporter*innen könnten ein Arbeitsverbot von bis zu sechs Monaten erhalten. Auch Haftstrafen für Medienschaffende, die eigentlich nicht im Gesetz auftauchen sollten, werden in einem jüngsten Änderungsantrag wieder hinzugefügt.
mehr »