Programmabbau im ARD-Radio

Symbolfoto: 123rf

Gerät die Programmvielfalt des Radios in Gefahr? Die von den ARD-Intendant*innen in ihrer Sitzung am 30. November in Köln kundgetanen Pläne für die Radio-Programme löste zumindest Besorgnis um die Vielfalt der von der Rundfunkabgabe finanzierten Radiosendungen aus. Weniger Regionalität, mehr einheitlich für alle ARD-Sender produzierte Programmschienen und das Verdrängen von Hörspielen in die vorrangig digitale Verbreitung über die ARD-Audiothek sind Kernthemen der Beschlüsse. Vor allem für die Auftragslage der Freien ist das bedenklich.

Die ARD plant eine Zusammenlegung ihrer Info- und Kulturradios zu allabendlichen Einheitsprogrammen. Die Info-Radios sollen laut ARD schon Ende April 2024 eine „neue Ära vertiefter Zusammenarbeit“ beginnen. Geplant seien gemeinsame Programmanteile, die von allen ARD-Hörfunksendern übernommen werden.

„Aus historischen Gründen ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk als föderales, regional vielfältiges Medium konstituiert worden. Die Bedeutung für die Bürger*innen liegt gerade in der Nähe zu den Themen der Städte, Kommunen und Landesteile“, erklärt Christoph Schmitz, für Medien zuständiges Mitglied im ver.di-Bundesvorstand.

Demgegenüber beobachte die Gewerkschaft eine Abkehr von den Radio-Hörer*innen. Ganz aktuell auch im Hessischen Rundfunk( HR), wo die Hessen-Unit zusammengestrichen und 1000 Reportage-Einsätze pro Jahr wegfallen sollen. Das sei nicht nur für die betroffenen meist freien Medienschaffenden bedrohlich.

Mangelnde Regionalorientierung

„Wenn Reporter*innen nicht eingesetzt werden, wird weniger berichtet, also auch weniger gehört und gesehen, was im Land passiert. Im HR in Hessen, aber auch in der gesamten ARD, passiert geradezu das Gegenteil dessen, was vom öffentlich-rechtlich finanzierten Rundfunk erwartet wird: Journalismus aus der Region für die Region zu bieten“, so Schmitz weiter.

Die ARD will im Radio das Programm der Kultur- und Info­wellen künftig bis zu zehn Stunden am Tag verein­heitlichen, um Geld zu sparen. Zusätz­lich zur bereits beste­henden Nacht­sendung soll es wohl ab Ende April 2024 eine gemeinsame 20-Uhr-Sendung geben. Anke Mai, Vorsitzende der ARD-Audio­programm­konferenz, schätzte, dass die ARD damit „wohl eine mittlere ein­stellige Millionen­summe“ spart.

ARD kapituliert vor Finanzvorgaben

Schmitz bezeichnete die Reformansätze als „Kapitulation vor den Finanzvorgaben aus den Staatskanzleien der Bundesländer, die einen stabilen Rundfunkbeitrag einfordern.“ Rundfunkfreiheit und Staatsferne seien Grundrechte, die die Intendant*innen der ARD offenbar nicht mehr durchsetzen wollten,

„Gutes Programm und Ausbau von digitaler Verbreitung kosten und müssen genauso wie bei privaten Anbietern refinanziert werden“, so Schmitz weiter.


Aus den Beratungen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) war zuletzt die Information verbreitet worden, dass der Rundfunkbeitrag ab 2025 für vier Jahre um 58 Cent auf 18,94 Euro pro Monat und Haushalt steigen soll.

Weitere aktuelle Beiträge

Für ein digitales Ökosystem

Markus Beckedahl, Journalist und Gründer des Online-Portals www.netzpolitik.org, erkennt  im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Ort, wo alternative digitale Infrastrukturen gut entwickelt werden können.
mehr »

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

KI macht Druck auf Suchmaschinen

Die Künstliche Intelligenz frisst den Traffic: Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) meldet massive Einbrüche bei der Suchmaschinen-Nutzung aufgrund von Chatbots bei Google oder ChatGBT. Weil viele Nutzer*innen sich mit den Zusammenfassungen von KI zufrieden geben, klicken sie nicht mehr weiter zu den Websites, von denen die Informationen bezogen werden.
mehr »

Neue Europäische Medienplattform

Es ist ein sehr anspruchsvolles Projekt, das der deutsche Kultur- und Medienstaatsminister Wolfram Weimer und seine französische Amtskollegin Rachida Dati auf den Weg bringen: die Entwicklung einer europäischen Medienplattform. Im Zentrum soll dabei das Internet-Angebot des deutsch-französischen Kulturkanals Arte stehen, dass zu einer solchen Medienplattform mit bis zu 24 Sprachen ausgebaut werden soll.
mehr »