Auslandssender sind global unverzichtbar

Die Bedeutung weltweiter Kommunikation nimmt kontinuierlich zu. Gleichzeitig geraten Meinungs- und Pressefreiheit in immer mehr Regionen unter Druck. Gerade in Diktaturen und autoritären Regimen tritt an die Stelle freier Medien staatliche Propaganda. Welche Rolle kommt Auslandssendern wie der Deutschen Welle, der BBC oder France 24 vor diesem Hintergrund in der globalen Kommunikation zu? Eine Debatte beim „Medienpolitischen Dialog“ der SPD-Bundestagsfraktion gab darauf einige Antworten.

Für Guido Keel, Geschäftsführer des Instituts für Angewandte Medienwissenschaften (IAM) an der gleichnamigen Hochschule in Zürich, ist die Medienfreiheit in weiten Teilen Afrikas, im Nahen Osten, in den meisten asiatischen Staaten und in geringerem Umfang auch in Lateinamerika massiv bedroht. „In ihrem Ringen um Macht streben politische, kriminelle und terroristische Gruppen die Kontrolle der Medien an oder bringen sie gleich ganz zu verstummen.“ Nach Angaben der Menschen- und Bürgerrechtsorganisation „Freedom House“ liege der „Anteil der Weltbevölkerung, der in den Genuss freier Medien komme, aktuell bei 13 Prozent“. Keels These: „Die digitalisierte und vernetzte Gesellschaft braucht mehr denn je unabhängige Medien, die es sich erlauben können, journalistische Werte an erste Stelle zu rücken.“ Auslandssender hätten im globalen Kontext die besten Voraussetzungen, um diese Aufgabe zu erfüllen.

Die Deutsche Welle, so DW-Intendant Peter Limbourg, sei kein Sprachrohr der Regierung, sondern habe den Auftrag „das gesamte Meinungsspektrum in Deutschland“ zu transportieren. Darin unterscheide man sich von Sendern wie Russia Today oder dem chinesischen CCTV. Dies sei nicht nur demokratisches Gebot, sondern erhöhe auch die Glaubwürdigkeit des Senders. Gegen Fake-News-Strategien anderer Player helfe nur ein gründlicher Faktencheck. Die Deutsche Welle habe sich, obwohl gegründet als die „Stimme der Heimat“, längst zur „Stimme der Freiheit“ entwickelt. Die Unfreiheit der Medien sei leider gewachsen. Das gelte für Staaten wie Russland, China, Iran, zunehmend auch für die Türkei und Ägypten. Auch beim Nachbarn Polen sähen sich die liberalen Stimmen verschärftem Druck ausgesetzt. Aktionsfelder für die Welle gebe es genug.

Erleichtert werde die Arbeit durch Social Media. Soziale Netzwerke, so bekräftigte Limbourg, seien trotz negativer Erscheinungen wie Hate Speech und Propaganda für die Welle „ein Gottesgeschenk“. Die Möglichkeit, den User auf dem Smartphone oder Tablet direkt anzusprechen, ermögliche es der DW, bisher nicht gekannte Reichweiten zu erzielen. Dem Ziel, pro Woche 150 Millionen Rezipienten zu erreichen, sei man mit aktuell 135 Millionen schon recht nahe.

Unser Geschäft ist natürlich Breaking News, aber wir investieren auch in „Slow News“, sagte Kristina Block, Globale Programmplanerin der British Broadcasting Corporation (BBC) News. Gemeint sei nicht nur gründliches Fact-Checking, sondern auch erklärende Berichterstattung zu wichtigen politischen Themen wie etwa den anstehenden Wahlen in Frankreich. Im Rahmen des Programms „Service 2020“ habe die britische Regierung 300 Millionen Pfund für die nächsten vier Jahre für den Ausbau der Fremdsprachendienste bewilligt. Dies sei eine direkte Reaktion auf das beobachtete „Demokratiedefizit in der internationalen Medienlandschaft“. Dazu gehörten unter anderem der Aufbau eines neuen koreanischen Service und die Verstärkung vorhandener Angebote in Afrika, Indien und weiteren Staaten. Damit werde die BBC demnächst in 40 Sprachen senden. Digital First bedeute für die BBC auch, jeden Reporter in einer Krisensituation in die Lage zu versetzen, per Handy live zu senden.

France 24 wurde erst 2006 auf Betreiben des damaligen Präsidenten Jaques Chirac gegründet. Dahinter stand der Wunsch, Frankreich nach den Erfahrungen des Golfkriegs gegenüber der anglo-amerikanischen und arabischen Konkurrenz auch eine internationale Stimme zu geben, berichtete Anne Mailliet, Korrespondentin des Senders. France 24 sendet in drei Sprachen: englisch, französisch und arabisch. In der Zentralredaktion in Paris arbeiteten 400 Journalisten mit 35 verschiedenen Nationalitäten. Das Sendevolumen umfasse 144 tägliche Nachrichtensendungen sowie 58 wöchentliche Magazine. Dabei werde auch mit Bürgerreportern und Nicht-Regierungsorganisationen kooperiert. Spätestens seit dem „Arabischen Frühling“ erfahre France 24 auch in Nordafrika viel Resonanz.

Eingriffe von staatlicher Seite in ihre Arbeit hat es nach Darstellung der Beteiligten nie gegeben. Einmal allerdings habe sie sich den Unmut des früheren Präsidenten Sarkozy zugezogen, erinnert sich Mailliet. Als sie in einem Bericht seine Gattin als „Lebensgefährtin“ bezeichnet hatte, erfolgte ein unwirscher Anruf aus dem Élysée-Palast.

Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), monierte die anhaltende strukturelle Unterfinanzierung der Welle. Die „ständige Angst vor der Abrissbirne“ trage nicht unbedingt zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit bei. Künftig müsse die DW auf planbare finanzielle Füße gestellt werden, um anständige Honorare und Gehälter abzusichern und eine „unzumutbare Arbeitsverdichtung“ abzubauen. Überall regte an, nach dem Vorbild des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch für die Deutsche Welle eine Bestands- und Entwicklungsgarantie staatsvertraglich festzuschreiben.

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