Es ist noch gar nicht so lange her, da hat Angela Merkel mit ihrer Feststellung, das Internet sei „für uns alle Neuland“, für große Heiterkeit in den sozialen Netzwerken gesorgt. Hintergrund ihrer Aussage war damals die umfassende Spionagetätigkeit der NSA. Mittlerweile ist Digitalisierung für die Bundeskanzlerin kein Fremdwort mehr: Sie ruft zum heutigen „Safer Internet Day“ zu mehr Sorgfalt beim Umgang mit persönlichen Daten auf.
Fünf Jahre nach Merkels unfreiwilligem Bonmot ist das Thema gleich in zweifacher Hinsicht Bestandteil der Koalitionsverhandlungen: weil Deutschland dem internationalen Standard beim Ausbau des Breitbandnetzes hinterher hechelt; und weil die neue Bundesregierung viel für die Bildung tun will. Das muss sie auch, denn in dieser Hinsicht besteht womöglich noch mehr Handlungsbedarf als beim Netzausbau: Medienkompetenz ist die Schlüsselqualifikation für das Informations- und Kommunikationszeitalter. Menschen, die mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten können, werden unweigerlich abgehängt, und zwar ganz flott.
Aber es geht nicht nur um berufliche Aspekte oder die Tatsache, dass in absehbarer Zeit alles mit allem vernetzt sein wird. Anlässlich des „Safer Internet Day“ hat Merkel in ihrem Podcast dazu appelliert, sorgsam mit persönlichen Daten im Internet umzugehen: „Es geht letztlich um die Souveränität jedes einzelnen Menschen.“ Salopp formuliert: Wenn ein Schmetterlingsfurz jederzeit einen Shitstorm auslösen kann, sollte man sich zweimal überlegen, was man in die digitale Welt hinausposaunt. Es gibt eine Vielzahl von Kurznachrichten, die sich innerhalb weniger Stunden zum perfekten Sturm entwickelt haben, weil die globale Netzgemeinde hinter harmlos gemeinten Bemerkungen zum Beispiel Rassismus witterte. Die Betroffenen müssen nun damit leben, das dieses Ereignis mit ihrem Namen in Verbindung gebracht wird, und zwar für den Rest ihres Daseins: Das Netz vergisst nicht; selbst umfangreiche Löschaktionen werden einen derartigen Makel nie vollends tilgen können.
Umso wichtiger ist es, schon Schüler_innen beizubringen, worauf sie beim Umgang mit dem Internet achten müssen; und zwar nicht im Rahmen freiwilliger Zusatzstunden, die von engagierten, aber nur unzureichend ausgebildeten Lehrern angeboten werden, sondern als reguläres Unterrichtsfach. Die Frage ist nur, wann man damit anfängt. Soll sich der Lehrplan an der Realität orientieren, was ja vernünftig wäre, müsste die Erziehung zur Medienmündigkeit schon in der Grundschule stattfinden. Laut der letztjährigen Kinder-Medien-Studie dürfen zwölf Prozent der befragten Sechs- bis Neunjährigen eigenständig Apps herunterladen und neun Prozent ohne Aufsicht im Internet surfen. 37 Prozent der Grundschüler_innen besitzen ein eigenes mobiles Telefon.
Der „Safer Internet Day“ ist eine Initiative der Europäischen Kommission, die jährlich zu Aktionen rund um das Thema Internetsicherheit aufruft. Umfragen belegen regelmäßig, wie unvorbereitet viele Menschen das Internet nutzen. Im Grunde bräuchte die Initiative eine ähnliche öffentliche Aufmerksamkeit wie die zu „Safer Sex“ animierende Anti-Aids-Kampagne. „Kondome schützen“ gilt auch im Internet: Ohne ständig aktualisierten Virenschutz sollte niemand ins Netz gehen. Wer seinen Computer beruflich nutzt oder online Geldgeschäfte tätigt, sollte sicherheitshalber ein kostenpflichtiges Programm installieren; das gilt auch für notorische Besucher von Pornoseiten. Datensicherung auf einer externen Festplatte, am besten an einem festgelegten Wochentag, schützt vor Datenverlust. Passwörter sollten dringend komplex sein und nicht bloß aus Vorname und Geburtsjahr bestehen. Vorsicht ist auch beim Umgang mit Mails von unbekannten Absendern geboten. Die Mitteilung, eine Frau aus der Umgebung wolle jetzt auf der Stelle Sex, ist in der Regel ebenso ein böser Scherz wie die Aussicht auf einen unverhofften Millionengewinn. Wer solche Mails trotzdem öffnet und dann auch noch den virenversuchten Anhang runterlädt, dem kann selbst Frau Merkel nicht mehr helfen. Weitere nützliche Tipps auf klicksafe.de.