Die AfD in Bremen weist die taz ab

Hauptstädter demonstrieren 2015 "Für ein weltoffenes Berlin" und gegen eine parallel statfindende Demonstration der AfD.
Foto: Christian von Polentz

Die AfD hat erneut ihr Verständnis von Pressefreiheit dokumentiert: Ihr Bremer Landesverband verwehrte jetzt der Tageszeitung taz den Zugang zu einer Pressekonferenz. Begründung: Das Blatt engagiere sich zu sehr im Kampf gegen Rechts. ver.di und andere Organisationen protestieren. Zuvor hatte die Bremer AfD bereits sämtliche Medien von ihrer Kandidatenkür für die Bürgerschaftswahlen ausgesperrt.

Wenn Parteien ihre Kandidat_innen für Wahlen aufstellen, sind die Medien normalerweise als Beobachter zugelassen. Der Bremer AfD-Landesverband hingegen beschloss am 20. Januar seine Liste für die kommende Bürgerschaftswahl lieber im Geheimen. Einen Tag nach der Mitgliederversammlung wollte der Vorstand zumindest das Ergebnis präsentieren – auf einer Pressekonferenz im Parteibüro. Doch wer nicht eingelassen wurde, war der Vertreter der taz-Lokalredaktion Bremen. Die Zeitung engagiere sich zu sehr im Kampf gegen Rechts, verlautete. Auf Nachfrage bestätigte das der stellvertretende Landesvorsitzende Thomas Jürgewitz: „Wir wollen mit diesem Organ der Antifa nichts zu tun haben.“ Außerdem schreibe die Zeitung immer etwas anderes, als ihr gesagt werde. Auf die Frage nach Belegen für diese Behauptung antwortete Jürgewitz: „Da habe ich jetzt kein Beispiel, aber für uns ist das offensichtlich.“ Auf jeden Fall schreibe die Zeitung „hochgradig tendenziös“.

Die Bremer Landespressekonferenz (LPK) nannte den Ausschluss „zutiefst undemokratisch“: „Die AfD unterminiert gezielt eine unabhängige, kritische Medienberichterstattung“. Das Vorgehen in Bremen sei auch kein Einzelfall. So habe „beispielsweise in Brandenburg die dortige Landtagsfraktion im Mai 2018 einem BILD-Journalisten in einer Pressekonferenz verwehrt, Fragen zu stellen.“ Ein ähnliches Gebaren sei man von US-Präsident Donald Trump gewohnt. Der LPK-Landesvorstand empfahl für die Zukunft: „Die PK in solchen Fällen einfach verlassen und so Solidarität zeigen.“

Auch ver.di und die dju im Landesbezirk Niedersachsen-Bremen protestierten gegen die „erneute Missachtung des Grundrechts der Pressefreiheit“. ver.di-Landesleiter Detlef Ahting sagte: „Die AfD demaskiert sich zunehmend, wenn sie bei einem so öffentlichen Thema ausgrenzt und Grundrechte gerne in ihrem Sinne wie hier einengt.“ Ahting weiter: „Unsere Demokratie lebt von offener Berichterstattung. Wer die einschränken will, beschneidet Grundpfeiler. Ein solches Verständnis der AfD erinnert uns mehr und mehr an eines, das wir in Deutschland schon hatten.“

Für dju-Landessprecherin Annette Rose ist klar: „Die AfD inszeniert lieber ihre eigene Wahrheit, als Tatsachen von anderen darstellen und bewerten zu lassen.“ Rose spielte damit auf die zunächst übertriebene AfD-Darstellung zum Überfall auf ihren Bremer Landesvorsitzenden Frank Magnitz an. Der taz rief die dju-Sprecherin zu: „Berichtet weiter über alle antidemokratischen Kräfte!“

Auch der DJV-Landesverband Bremen protestierte: „Dies zeigt erneut die undemokratische Grundhaltung der AfD gegenüber einer freien und unabhängigen Berichterstattung.“

Bei der geheimen Mitgliederversammlung hatte sich auch der freie Fernsehreporter Hinrich Lührssen um die Spitzenkandidatur beworben. Er unterlag dem unerwartet als Gegenkandidat angetretenen Parteichef Magnitz aber mit 19 zu 32 Stimmen. Lührssen will nun nicht mehr aktiv in der Partei mitarbeiten.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Von Erbsensuppe und neuen Geschichten

„Vielfalt schützen, Freiheit sichern – 40 Jahre duale Medienordnung im föderalen Deutschland“. Dies war das Thema des Symposiums, das am 23.  April in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stattfand. Ausrichter war die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).  Teilnehmer waren Verantwortliche aus Medienpolitik und -wissenschaft, Rundfunkregulierung und Medienunternehmen.
mehr »

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »

Italien: Neun Jahre Haft für Recherche?

Drei Reporter*innen der italienischen Tageszeitung Domani müssen mit bis zu neun Jahren Gefängnis rechnen. Die Staatsanwaltschaft Perugia ermittelt gegen sie, weil sie vertrauliche Dokumente von einem Beamten angefordert und erhalten und das Geheimhaltungsprinzip der Ermittlungen verletzt haben sollen. Die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll kritisierte, dass „hier investigative Berichterstattung über Mitglieder der italienischen Regierung unterdrückt werden soll."
mehr »

KI darf keine KI-Texte nutzen

Die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der KI im eigenen Metier wird Journalist*innen noch lange weiter beschäftigen. Bei der jüngsten ver.di-KI-Online-Veranstaltung ging es um den Anspruch an Gute Arbeit und Qualität. ver.di hat zum Einsatz von KI Positionen und ethische Leitlinien entwickelt. Bettina Hesse, Referentin für Medienpolitik, stellte das Papier vor, das die Bundesfachgruppe Medien, Journalismus und Film zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Journalismus erarbeitet hat.
mehr »