Arbeitsgericht urteilt zugunsten der Redaktion des „Mannheimer Morgens“
Die Redaktion des „Mannheimer Morgens“ verbucht einen ersten Erfolg im Streit um das Redaktionsstatut der größten nordbadischen Tageszeitung. Das Arbeitsgericht Mannheim gab am 18. April sein Urteil bekannt, daß es sowohl sich für die Klärung des Rechtsstreits als zuständig erachtet, als auch, daß die einseitige Kündigung des Statuts von seiten der Herausgeber und der Geschäftsführung unzulässig ist.
Die Herausgeber und Geschäftsführer des „Mannheimer Morgens“ hatten das alte Redaktionsstatut kündigen wollen, da es ihrer Ansicht nach „nicht mehr zeitgemäß“ ist (siehe „M“ 3/96 und 5/96 sowie „M“ 1/97). In der Fassung des neuen Statuts, das sie statt dessen vorlegten, waren erhebliche Mitspracherechte des Redaktionsrats bei Personalentscheidungen – etwa bei der Bestellung des Chefredakteurs – beschnitten worden. Der Redaktionsrat hatte daraufhin mit großem Rückhalt aus der Redaktion die Klage beim Arbeitsgericht gegen die Kündigung des Statuts eingereicht. Die Geschäftsführer und Herausgeber bezogen während dessen die Position, daß das Arbeitsgericht für die gerichtliche Klärung dieser Auseinandersetzung gar nicht zuständig sei.
Erstmals hat sich nun in Sachen Redaktionsstatut ein deutsches Arbeitsgericht als zuständig erklärt, und das betreffende Mannheimer Arbeitsgericht hat bundesweit erstmals den rechtsverbindlichen Charakter eines Redaktionsstatus anerkannt, wenn es – wie beim „Mannheimer Morgen“ – nicht nur von der Verlagsleitung, sondern auch von der Redaktionsversammlung beschlossen wurde und Bestandteil der Arbeitsverträge ist.
Allerdings gibt das Urteil des Arbeitsgerichts in zwei anderen Punkten Rätsel auf: Der Redaktionsrat wollte zum einen auch festgestellt sehen, daß er bei der Berufung eines zweiten Chefredakteurs neben Chefredakteur und Geschäftsführer Horst-Dieter Schiele im Widerspruch zum alten Statut übergangen worden ist; zum anderen wollte der Redaktionsrat noch festgestellt haben, desgleichen bei der Bestellung des neuen Chefredakteurs des „Mannheimer Morgens“, Horst Roth, nicht befragt worden zu sein. Diese beiden Feststellungsanträge wies das Gericht ab; möglicherweise deshalb, weil sie durch die gerichtlich bestätigte Gültigkeit des alten Statuts ohnehin schon zustimmend beantwortet werden. Doch kann darüber erst Klarheit herrschen, wenn das Urteil in seinem Wortlaut vorliegt (Az 3CA 94/96).
Ebendiese Urteilsbegründung will nun auch die Geschäftsführung abwarten, die jedoch bereits erkennen läßt, daß „das erstinstanzliche Urteil in einer zweiten Instanz zu überprüfen sein“ wird. „Bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Beschwerde- und gegebenenfalls Berufungsinstanz sieht die Geschäfttsführung deshalb das Redaktionsstatut nach wie vor als gekündigt an“. Trotz alledem ist die Stellung des neuen Chefredakteurs des „Mannheimer Morgens“, Horst Roth, in der Redaktion weiterhin umstritten. Im übrigen steht ein neuer Gerichtstermin sowieso schon wieder bevor: Ein Redaktionsmitglied reichte gegen Chefredakteur Horst Roth Klage wegen Mobbing ein. Das Verfahren ist für Juli anberaumt. Damit werden immer mehr Auseinandersetzungen innerhalb des „Mannheimer Morgens“ gerichtlich ausgetragen; erst vor wenigen Wochen hatte die Tochter des verstorbenen Mit-Herausgebers des „Mannheimer Morgens“ erfolgreich eingeklagt, sich an Stelle ihres Vaters Karl Ackermann zum Herausgeberkreis des „Mannheimer Morgens“ rechnen zu können. Auch dieses Verfahren harrt nun einem Urteil in einer weiteren Instanz entgegen.