Rundfunkräte: Aufsicht und Kontrolle stärken

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland steht unter Druck und braucht mehr Vertrauen. Fotos: ARD Montage: Petra Dreßler

Für die demokratische Kontrolle von Programm und Finanzen, verbesserte Compliance-Regelungen sowie die auch personelle Stärkung der Aufsichtsgremien in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben sich von DGB-Gewerkschaften entsandte und gewerkschaftlich organisierte Rundfunk- und Fernsehrät*innen aus fast allen ARD-Sendeanstalten und dem ZDF ausgesprochen. Sie legten dazu eine Gemeinsame Erklärung vor.

In dem jetzt vom DGB veröffentlichten Papier werden zugleich die Grundsätze der Staatsferne, der Unabhängigkeit, von Rundfunkfreiheit und Programmhoheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekräftigt. Die 10-Punkte-Erklärung hat 29 Erstunterzeichner*innen, darunter ver.di-Vorsitzender Frank Werneke und der frühere DGB-Chef Reiner Hoffmann, die im ZDF-Fernsehrat sitzen, sowie Vorsitzende von DGB-Landesbezirken.

Zu Beginn heißt es: „Wir setzen uns für eine Stärkung der bestehenden Compliance-Regelungen der Sendeanstalten und der Kontrollrechte der Aufsichtsgremien ein. Wir stehen zu der Kontrolle von Programm und Finanzen durch ehrenamtlich tätige Mitglieder der Rundfunk- und Verwaltungsräte. Diese sind ausschließlich der Allgemeinheit, den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft und dem öffentlich-rechtlichen Auftrag im Sinn des Medienstaatsvertrags und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet.“

Die Unterzeichner*innen begrüßen die Stärkung des Auftrags der Gremien im vorliegenden Entwurf zur Änderung des Medienstaatsvertrags, „über eine wirtschaftliche und sparsame Haushalts- und Wirtschaftsführung“ zu wachen. Bereits bei der Anmeldung der Finanzbedarfe sei dies nicht nur durch die KEF, sondern künftig gesetzlich verankert auch durch die Landesrechnungshöfe zu prüfen. Das innerbetriebliche Controlling und Revisionswesen in den Rundfunkanstalten solle durch unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, aber auch die Tätigkeit von Antikorruptions- und Compliance-Beauftragten außerhalb des Einflussbereichs der Intendantinnen und Intendanten sowie durch externe Ombudsleute gestärkt werden.

Boni sind ein Skandal

„Boni bzw. flexible Gehaltsanteile für Kürzungen oder Umschichtungen im Programm sind ein Skandal“, heißt es weiter. Führungskräfte, die sie kassieren, hätten jedes Vertrauen verspielt. Bonuszahlungen für den Abbau von Arbeitsplätzen würden von den Gewerkschaften grundsätzlich angeprangert und bekämpft. „Wenn Umschichtungen unter anderem in die digitalen Formate erforderlich sind, um jüngere Zielgruppen zu erreichen, sind diese gemeinsam mit den Beschäftigten zu gestalten.“

Die gesetzlichen Regelungen zur Offenlegung der Gehälter von Führungskräften einschließlich flexibler Gehaltsanteile und geldwerter Vorteile sind, so fordern die Rundfunkrät*innen, „konsequent anzuwenden und auszubauen“. Die Forderung nach umfassender Transparenz ergebe sich aus der treuhänderischen Verwendung der Rundfunkbeiträge. Dabei seien die Grundsätze der Tarifautonomie auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in vollem Umfang zu wahren.

Überall müsse gesetzlich sichergestellt sein, dass Vertreter*innen der Beschäftigten mit vollem Stimmrecht und einem relevanten Anteil in die Verwaltungsräte entsandt werden. Auch für die Aufsichtsgremien seien Compliance-Regelungen zu entwickeln und zu beachten. Die Gewerkschaften werden aufgerufen, Kolleginnen und Kollegen zu entsenden, „die sich der Aufgabe der Kontrolle und Beratung mit medienpolitischer Kompetenz und entsprechender Priorisierung in ihrem Gesamtportfolio stellen wollen und können“.

Die Unterzeichner*innen fordern, bei allen Entscheidungen staatlicher Organe, in die Entscheidungsabläufe und Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eingreifen, „die Grundsätze der Staatsferne, der Unabhängigkeit, der Rundfunkfreiheit und der Programmhoheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu respektieren und zu bewahren“.

Gegen Generalverdacht

Abschließend heißt es in der Erklärung: „Auch angesichts der berechtigten Kritik stehen wir zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk.“ Seine Notwendigkeit und Leistungsfähigkeit werde durch die Beschäftigten von ARD, ZDF und Deutschlandradio täglich unter Beweis gestellt. Die Mitarbeiter*innen gerade des RBB und des NDR leisteten aktuell Enormes, um die skandalösen Vorgänge in ihren Sendern gemäß journalistischen Grundsätzen aufzuklären und Veränderungen anzustoßen. Die Unterzeichner*innen weisen „alle interesse- und ideologiegeleiteten Versuche zurück“, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk „unter Generalverdacht zu stellen und kaputtzureden“.

Die vollständige Erklärung und die Liste der Erstunterzeichnenden – neun von ver.di, weitere vom DGB, der IG Metall und der GEW entsandte Rundfunkrätinnen und Rundfunkräte – wurde den Sendeanstalten zugestellt, bevor der DGB sie nun veröffentlicht hat.

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