Große Digitalkonzerne wie Amazon, Google oder Facebook sollen künftig strenger kontrolliert werden. Der Bundestag beschloss am Donnerstag in Berlin den Entwurf für ein Digitalisierungsgesetz, dass dem Bundeskartellamt mehr Befugnisse gibt. Damit kann die Behörde schneller eingreifen, wenn ein Tech-Gigant seine Marktmacht missbraucht. Um in Zukunft lange kartellrechtliche Verfahren zu vermeiden und Schadenersatzansprüche besser durchzusetzen, werden der Rechtsweg verkürzt und solche Streitigkeiten nach Paragraf 19a des Gesetzes in die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes übergeben.
Konkret kann mit diesem Paragrafen Unternehmen mit „überragender, marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb“ untersagt werden, beispielsweise bei Suchergebnissen ihre eigenen Angebote gegenüber der Konkurrenz zu bevorzugen oder auf ihren Geräten ausschließlich eigene Produkte vorzuinstallieren. Ferner soll verhindert werden, dass die Nutzung eines Angebots des Konzerns von der Nutzung eines anderen Angebots – das dafür nicht erforderlich ist – abhängig gemacht wird. Hier muss den Usern die Wahl gegeben werden.
Darüber hinaus dürfen Nutzerinnen und Nutzer laut Entwurf künftig keinesfalls dazu gezwungen werden, beispielsweise der Weitergabe von Daten aus einer Social-Media-Plattform zuzustimmen, wenn sie eine bestimmte App weiternutzen wollen. Auch hier müsse es ausreichende Wahlmöglichkeiten geben. Der Bundesrat befasst sich am Montag bei einer Sondersitzung mit dem Regelwerk.
Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, sagte am Donnerstag im RBB-Inforadio, das Gesetz komme zur richtigen Zeit. „Wir müssen jetzt nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern wir können rechtzeitig unsere Waffen zücken.“ Die Behörde plane, die gesetzlichen Möglichkeiten zu nutzen und härter gegen große Internetkonzerne vorzugehen. Er rechne mit heftigen Auseinandersetzungen vor Gericht. Das werde „anstrengend“ – sei aber wichtig, denn derzeit gebe es fast keinen fairen Wettbewerb mehr im Netz.
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßten, dass es nun erstmals substanzielle Regelungen für marktdominante Digitalplattformen gebe. „Wir erleben derzeit eine auch für die Meinungs- und Medienvielfalt gefährliche Marktkonzentration in der digitalen Welt. Es war höchste Zeit für die neuen Regeln“, erklärten die Verbände. Endlich habe das Kartellamt damit die Möglichkeit, „gegen die Diskriminierung Dritter und die Bevorzugung eigener Angebote durch Torwächterplattformen vorzugehen“. Dies seien Mindeststandards zur Wiederherstellung eines vielfältigen Marktes in der digitalen Welt.
Die Verleger sehen in den Regelungen auch einen „Impuls für die weitere Debatte in der EU zur Regulierung der Megaplattformen“. Aufgabe der Bundesregierung sei es, alles daran zu setzen, dass die geplante EU-Regulierung das Gesetz und dessen Umsetzung nicht infrage stelle, sondern im Gegenteil darauf aufbaue.
Der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, lobte das Regelwerk ebenfalls. Deutschland werde damit „internationaler Vorreiter im digitalen Wettbewerbsrecht“, erklärte er. Auch die Corona-Pandemie mache deutlich, wie dringend dies sei, da Amazon und Co. ihre Markposition weiter ausgebaut hätten. „Manche Plattformen treten gleichzeitig als Marktplatz und als Verkäufer auf, also als Schiedsrichter und Mitspieler zugleich. Das ist kein fairer Wettbewerb mehr“, fügte Müller hinzu.