ver.di für Nachbesserungen

Ministerpräsidenten einig über neues Rundfunkrecht – in Brüssel wird angefragt

Wie erwartet haben sich die Ministerpräsidenten der Länder Ende Oktober in Dresden auf das neue Rundfunk- und Telemedienrecht in Gestalt des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages geeinigt. Unterschrieben wird jedoch erst im Dezember – zuvor soll Brüssel noch zustimmen, um einer Wiederaufnahme des EU-Beihilfeverfahrens gegen Deutschland in jedem Fall vorzubeugen.


Dass ARD und ZDF „mit Fußfesseln ins Internetzeitalter schreiten“ müssen, kritisierte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke an dem Ministerpräsidenten-Entwurf. „Für diese Einschränkungen gibt es keinen nachvollziehbaren publizistischen Grund“, so Werneke. Daraus entstehe „in der Perspektive eine absolut bedrohliche Entwicklung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die publizistische Vielfalt in Deutschland.“ Den neuen Drei-Stufen-Test auf den Altbestand der Internetangebote auszudehnen, sei „reine Bürokratie“, heißt es bei ver.di. Die Landesparlamente werden in einer längeren Stellungnahme aufgefordert, „von ihren Einflussmöglichkeiten in den Rundfunkstaatsvertragsverfahren Gebrauch zu machen und eine Nachbesserung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages zu erwirken“. ( M 8–9/2008)
Inzwischen drohten Zeitschriftenverleger-Präsident Hubert Burda wie auch VPRT-Privatfunk-Chef Jürgen Doetz auf den Münchner Medientagen mit weiteren Klagen bei der EU-Kommission, sollten sich ARD und ZDF nicht buchstabengetreu an den neuen Vertrag halten.
ARD-Vorsitzender Fritz Raff sprach von einem „Kompromiss, mit dem wir leben müssen“ und prophezeite „hohes Konfliktpotential“ bei „presseähnlichen Angeboten“ wegen „nicht trennscharfer Formulierungen“. Zugleich kritisierte der SR-Intendant „unlogische“, „nicht vertretbare“ und für gebührenzahlendes Publikum „sinnlose“ zeitliche Online-Begrenzungen. Dass sich die „Lobbyisten in vielen Punkten durchsetzen konnten“, zeigt sich für ZDF-Intendant Marcus Schächter am „breiten Lob der Verleger“. Das war allerdings gar nicht so breit, im Gegenteil. Der VDZ sprach von einer weiteren „Verletzung eines freien und fairen Wettbewerbs“ durch eine „praktisch unbegrenzte Expansion im Internet“, die ARD und ZDF ermöglicht werde. Die Zeitschriftenverleger begrüßten den Vorschlag von Ministerpräsident Kurt Beck für einen „Schlichtungsrat“, an dem auch private Medienunternehmer beteiligt sein sollten.
Bei den Zeitungsverlegern und ihrem Verband BDZV gibt es hingegen richtig Zoff. Besonders die Formulierung, dass die Ministerpräsidenten bei den öffentlich-rechtlichen Online-Angeboten „klare Grenzen gezogen“ hätten, ist führenden Verlagschefs sauer aufgestoßen. Einen „unverständlichen Schnellschuss der Geschäftsstelle“ monierte der Kölner Altverleger Alfred Neven DuMont in einem Brief an BDZV-Präsident Helmut Heinen. „Fassungslos“ sei er, da er sich „zum ersten Mal“ in einer grundlegenden Verbandserklärung „nicht wiederfinde“.

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkbeitrag: Rechtsweg unerwünscht

Die Landesregierungen von Bayern und Sachsen-Anhalt erwarten von ARD und ZDF weiterhin, dass sie ihre Verfassungsbeschwerden zum Rundfunkbeitrag zurückziehen. Erst wenn dies passiert, wollen sie den Modellwechsel zur künftigen Festsetzung des Rundfunkbeitrags unterstützen. Das erklärten die Staatskanzleien in München und Magdeburg auf Nachfrage.
mehr »

Ressourcen für Auslandsjournalismus

Der Auslandsjournalismus in Deutschland steckt in der Krise. Die Zahl der Korrespondent*innen nimmt ab, Freie arbeiten unter zunehmend prekären Bedingungen. So geraten ganze Weltregionen aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Journalist*innen plädieren darum für eine andere Form der Finanzierung. Die gute Nachricht: Das Interesse des deutschen Publikums ist da. Dass die Menschen wissen wollen, was in anderen Ländern los ist, beweist nicht zuletzt das ARD-ZDF-Jugendangebot Funk.
mehr »

RBB will Fehler analysieren

Der RBB räumte bereits schwerwiegende Fehler bei der Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar ein. In einer internen Sondersitzung soll nun ein weiteres Vorgehen geklärt werden. Um den Aufklärungsprozess „konstruktiv zu begleiten“, habe der rbb-Programmausschuss für kommenden Montag eine Sondersitzung einberufen, so der Sender. Darin soll es offenbar um die Ergebnisse des Untersuchungsberichts der Beratungsfirma Deloitte gehen.
mehr »

Social Media: Mehr Moderation gewünscht

Wer trägt die Verantwortung, um etwas gegen zunehmenden Hass in den sozialen Medien zu unternehmen? Die Plattformen? Die Politik? Die Nutzer*innen? Alle drei Gruppen jeweils zu einem Drittel. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie der Technischen Universität München (TUM) und der University of Oxford. Sie zeigt auch: der Großteil der Menschen in den zehn untersuchten Ländern wünscht sich mehr Moderation bei Inhalten.
mehr »