Das Boot: Kameramann nimmt Vergleich an

Justitia Foto: Hermann Haubrich

Im Rechtsstreit über eine angemessene Vergütung hat sich der Chefkameramann des international erfolgreichen Filmklassikers „Das Boot“, Jost Vacano, mit den ARD-Anstalten geeinigt. Der 87-Jährige und der im Streit mit acht Anstalten federführende Südwestrundfunk (SWR) nahmen den Anfang Juli vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart vereinbarten Vergleich fristgerecht an, wie jetzt eine Gerichtssprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte.

Auch der Westdeutsche Rundfunk (WDR), gegen den Vacano in einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht München klagt, ist dem Vergleich vorbehaltlich der Klärung von Formalitäten beigetreten. Die Einigung sieht eine Abfindung für Vacano in Höhe von insgesamt 160.000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer vor. (AZ: 4 U 2/18 und 29 U 2619/16)

Für den 1980/1981 produzierten Film von Regisseur Wolfgang Petersen hatte Vacano eine Pauschalvergütung in Höhe von 204.000 Mark (etwa 104.300 Euro) erhalten. Damit sollten sämtliche Urheberrechte abgedeckt werden. 2002 hatte der Gesetzgeber jedoch den sogenannten „Fairnessparagrafen“ eingeführt. Dieser spricht den Mitwirkenden eine nachträgliche „angemessene Beteiligung“ an einem urheberrechtlich geschützten Werk zu, wenn zwischen der ursprünglich vereinbarten Vergütung und den späteren Erträgen ein „auffälliges Missverhältnis“ besteht.

„Das Boot“ war ein internationaler Kinoerfolg mit sechs Oscar-Nominierungen, dem zahlreiche Fernsehausstrahlungen folgten. Der Verkauf von Videos und DVDs brachte der Produktionsfirma und den ARD-Anstalten hohe Einnahmen. Vacano verlangte daher einen seiner Meinung nach angemessenen Anteil.

Der Bundesgerichtshof urteilte 2012, dass der Kameramann grundsätzlich Auskunft über die mit dem Film erzielten Erlöse verlangen kann. Für die Verwerter von Filmwerken bedeutete dies, dass Urheber wie Regisseure oder Kameraleute am nachträglichen Kassenerfolg mehr teilhaben müssen.

Das OLG Stuttgart hatte im September 2018 insgesamt 315.000 Euro plus Umsatzsteuer als „angemessene Beteiligung“ für die Ausstrahlung des Films in den öffentlich-rechtlichen Sendern festgelegt. Auch bei künftigen Ausstrahlungen von „Das Boot“ müsse der Kameramann beteiligt werden. Beklagt waren hier acht ARD-Anstalten, darunter der SWR. Die Rundfunkanstalt ging daraufhin in Revision und brachte den Fall vor den Bundesgerichtshof (BGH). Dieser hob die Entscheidung der Stuttgarter Richterinnen und Richter im Februar 2020 auf und wies den Rechtsstreit wegen eines Berechnungsfehlers ans OLG Stuttgart zur neuen Verhandlung zurück.

Im Streit mit dem WDR, der Produktionsfirma Bavaria Film und dem Videoverwerter Eurovideo hatte das OLG München Vacano 2017 weitere 588.000 Euro plus Zinsen als Urhebernachschlag zugesprochen. Auch dieser Streit landete bereits vor dem BGH. Dieser entschied im vergangenen April, dass auch das OLG München die Urheberrechts-Nachvergütung für Vacano in der Vorinstanz falsch berechnet habe und wies den Streit ebenfalls zur erneuten Verhandlung zurück. Ob Bavaria und Eurovideo nun auch einen Vergleich schließen, war zunächst nicht zu erfahren.

Der SWR teilte auf epd-Nachfrage mit, Vacano werde das Verfahren gegen den WDR in München nun für erledigt erklären. Die Abfindungssumme schließe „alle Sendungen in allen Programmen der ARD einschließlich 3sat und Arte ein, die in der Vergangenheit erfolgt sind, außerdem Zinsen und einen Betrag für künftige Sendungen“. Der „Wert“ der künftigen Ausstrahlungen werde dabei nicht nach dem Wiederholungsvergütungsmodell berechnet, sondern nach dem neuen Punktemodell einer Gemeinsamen Vergütungsregelung (ARD-GVR Drehbuch), das seit dem 1. Januar 2019 für Auftragsproduktionen der ARD gilt. Für „Das Boot“ sei dieses Modell sowohl in Bezug auf das Gewerk „Kamera“ als auch hinsichtlich der Länge der verschiedenen Fassungen der Produktion angepasst worden.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Gemeinsame Standards für Medienfreiheit

In Brüssel wird der European Media Freedom Act (EMFA) bereits als "Beginn einer neuen Ära" zelebriert. Ziel der Verordnung ist es, die Unabhängigkeit und Vielfalt journalistischer Medien in der EU in vielfacher Hinsicht zu stärken. Doch wie er von den Mitgliedsstaaten  - vor allem dort, wo etwa die Pressefreiheit gefährdet ist wie Ungarn und der Slowakei - umgesetzt wird, zeigt sich erst im kommenden Sommer.
mehr »

Filmtipp: Die Saat des Heiligen Feigenbaums

Die Alten hüten die Asche, die Jungen schüren das Feuer. Konflikte zwischen den Generationen sind vermutlich so alt wie die Geschichte der Menschheit. Zumindest im Westen haben die im Rückblick als „68er-Bewegung“ zusammengefassten Proteste für tiefgreifende gesellschaftliche Umwälzungen gesorgt. Angesichts des Klimawandels könnte sich das Phänomen wiederholen. Mohammad Rasoulofs Familiendrama, deutscher „Oscar“-Kandidat, beschreibt anhand der Demonstrationen im Iran, wie sich die Alten wehren.
mehr »

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

KI-Lösungen: Heise macht es selbst

Das Medienhaus „Heise Medien“ hat kürzlich das auf generative Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte Medienhaus „Deep Content“ (digitale Magazine „Mixed“ und „The Decoder“) aus Leipzig gekauft. Damit will Heise die Zukunft generativer KI mitgestalten. „Deep Content“ entwickelte mit „DC I/O“ ein professionelles KI-gestütztes Workflow-Framework für Content-Teams und Redaktionen. Bereits seit Juni dieses Jahres kooperiert Heise mit „Deep Content“ bei der Produktion des Podcasts „KI-Update“. Hinter der Übernahme steckt die Idee, den neuen Markt weiter zu erschließen und hohe Gewinne einzufahren.
mehr »