Freie beim MDR: Echte Mitsprache wäre mehr

Beleuchtete MDR-Zentrale in Leipzig Foto: MDR/ Stephan Flad

Beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) ist eine institutionalisierte Freienvertretung für etwa 1700 arbeitnehmerähnlich beschäftigte Personen geschaffen worden. Intendantin Karola Wille erlies dazu ein Freienstatut, das ab 1. Januar 2022 in Kraft tritt. Es stellt die Arbeit der in den fünf Standorten bestehenden Freienräte auf eine rechtlich sicherere Grundlage. Ausdrückliche Mitbestimmungsrechte konnten damit aber nicht durchgesetzt werden.

Mit dem Beschluss des Freienstatuts wird einer Regelung des seit Juni 2021 gültigen neuen MDR-Staatsvertrages Genüge getan. Bei der Novellierung war auf Betreiben der CDU-regierten Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt für den MDR ausgeschlossen worden, dass das neue Bundespersonalvertretungsgesetz mit verbesserten Mitbestimmungsrechten für die arbeitnehmerähnlichen Freien im Sinne des § 12a Tarifvertragsgesetz zur Anwendung kommt. Gewerkschaften hatten das als „Rückfall in die mitbestimmungspolitische Steinzeit“ kritisiert. Stattdessen bestimmt der Staatvertrag die Schaffung einer Freienvertretung auf Basis eines entsprechenden Status. Das wurde nun beschlossen. Es regelt Aufgaben, Struktur und Organisation von Freienvertretungen im MDR sowie Wahlen und Amtszeiten und listet Beteiligungsthemen auf.

Die zuletzt 2020 gewählten Freienräte in den Funkhäusern und der von ihnen gebildete MDR-Gesamtfreienrat hätten versucht, „das Beste daraus zu machen“ und im Frühjahr dieses Jahres einen eigenen Statuten-Entwurf „mit unseren Idealvorstellungen“ vorgelegt, so Rüdiger Trojok, stellvertretender Vorsitzender des Gesamtfreienrates. Tatsächlich habe der Sender das als Diskussionsgrundlage akzeptiert. Da es sich bei den nachfolgenden Gesprächen aber nicht um förmliche Verhandlungen handelte, sei absehbar gewesen, „dass wir wirkliche Mitbestimmungsrechte nicht bekommen werden“. Doch sei im Statut jetzt festgeschrieben, dass die bereits funktionierenden Strukturen der Freienvertretung erhalten bleiben und stabilisiert werden. Rechte auf Einbeziehung seien fixiert worden.

„Allerdings hatten wir im Entwurf 30 konkrete Themenfelder vorgesehen, wo Einbeziehungsrechte gelten sollten. Davon sind letztlich weniger als die Hälfte übriggeblieben“, konstatiert Trojok. Die nun im Statut fixierten Themen reichen von Fortbildungsfragen über Maßnahmen zum Gesundheitsschutz, mobiles Arbeiten, neue Arbeitsmethoden und -techniken bis zu Familienfreundlichkeit, Gleichstellung und Vermeidung von Benachteiligung. Beteiligt werden Freienräte auch in Bewerbungsgesprächen und bei Beendigungen.

„Wir haben in den Gesprächen versucht, so viele Freie wie möglich in den Geltungsbereich des Statuts einzubeziehen und Grenzen möglichst abzusenken“, so der Freienvertreter. Das sei nur bedingt gelungen. Zwar deklariert das Statut eine Vertretung aller Freien durch die Freienräte, die konkreten Rechte gelten jedoch explizit nur für freie Mitarbeitende, „die im Kalendervorjahr mindestens 72 Tage für den MDR auf Basis einzelhonorarvertraglicher Verpflichtungen tätig gewesen sind“. Ein Erfolg sei dagegen, dass seit Herbst 2020 gewährte Freistellungen für Freienräte im Statut festgeschrieben wurden, die selbstverwaltet genutzt werden können. Auch ein Büro wurde der Freienvertretung vom Sender zu Verfügung gestellt.

Bisher teilweise schon praktizierte Regelungen sind zudem konkretisiert worden. So soll die Freienvertretung weiterhin an monatlichen Gesprächen mit der Verwaltungsdirektion teilnehmen sowie in regelmäßigem Austausch mit der Intendantin, den Programmdirektionen und den Abteilungsleitungen stehen.

Auf Basis des neuen Statuts werden beim MDR nun Neuwahlen der Freienräte für das Frühjahr 2022 vorbereitet, um die Vertretungen entsprechend zu legitimieren.

„Ansonsten werden wir unsere Arbeit fortsetzen und wo nötig neu organisieren“, zeigt sich der Vize-Vorsitzende des Gesamtfreienrates überzeugt. Eine Evaluation des Freienstatuts ist für das erste Quartal 2024 bereits terminiert. „Unabhängig davon steht für uns als ver.di-Mitglieder fest, dass wir uns vom Sender nicht auf Dauer nur mit speziell gewährten Einbeziehungsrechten abfinden lassen. Unser Ziel bleibt weiterhin eine Mitbestimmung für Freie, wie sie nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz zu gewähren ist“, erklärt Rüdiger Trojok.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Unabhängige Medien in Gefahr

Beim ver.di-Medientag Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutierten am 20. April rund 50 Teilnehmende im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig die aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft, die Diversität in den Medien und Angriffe auf Medienschaffende. Das alles auch vor dem Hintergrund, dass bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg die AfD laut Umfragen stark profitiert. 
mehr »

ARD-Krimis werden barrierefrei

Untertitelung, Audiodeskription, Gebärdensprache – das sind die so genannten barrierefreien Angebote, die gehörlosen oder extrem schwerhörige Fernsehzuschauer*innen gemacht werden. Die ARD sendet fast alle neu produzierten Folgen ihrer Krimireihen „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ auch mit Gebärdensprache. Beide Reihen seien „die ersten und aktuell die einzigen regelmäßigen fiktionalen Angebote mit Gebärdensprache in der deutschen Fernsehlandschaft“, erklärte die ARD.
mehr »

Pokerspiele der Süddeutschen Zeitung

Bei einer Betriebsversammlung des Süddeutschen Verlags am vergangenen Dienstag ruderte Geschäftsführer Dr. Christian Wegner etwas zurück. Er deutete an, dass der Stellenabbau in der Redaktion der Süddeutschen Zeitung (SZ) nicht ganz so dramatisch ausfallen könnte wie bislang befürchtet. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass der Verlag in München für das laufende Jahr mit einem Abbau von 30 Vollzeitstellen plant. Die dju in ver.di kritisiert das Vorhaben scharf.
mehr »

Echte Menschen in Film und Fernsehen

Wie wird Künstliche Intelligenz das Filmgeschäft verändern? Und welche Auswirkungen hat die Technologie auf die Kreativen? Die Erwartungen an KI sind groß, die Befürchtungen aber auch. Denn Algorithmen können mit Hilfe von großen Datenmengen schon heute Stimmen oder Deepfakes erstellen. Auf der Fernseh- und Streaming - Messe MIPTV in Cannes beschäftigte das Thema die internationale Branche.
mehr »