Gerade in Krisenzeiten brauchen die Bürger*innen verlässliche Informationen über die aktuelle Lage in ihrer Region. Erste Anlaufstelle sind dabei die lokalen Medien, Zeitungen wie Hörfunk- und Fernsehsender. Wie haben sich die „Local Heroes in der Corona-Krise“ geschlagen? Antworten auf diese Frage suchten die diesjährigen „Lokalrundfunktage“. Pandemiebedingt nicht wie üblich in Nürnberg, sondern in Form eines Online-Specials.
Die Branche steht auf Grund von Globalisierung, Digitalisierung und aktuell durch die Corona-Krise vor großen Aufgaben, konstatierte Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM): „Lokaler Rundfunk ist systemrelevant“, das hätten die Sender in den vergangenen Monaten bewiesen. „Der Sendebetrieb wurde aufrechterhalten, das Nachrichtenangebot ausgeweitet, zahlreiche neue Programmformate sind entstanden, gerade auch im kulturellen Bereich.“ Auf diese Weise hätten lokale Sender gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht und den Zusammenhalt gestärkt.
In der Corona-Krise stehe die Branche aber mehr denn je unter Druck. Werbeeinnahmen fielen weg, einige Radio und TV-Stationen kämpften sogar ums Überleben. Der Freistaat Bayern und die BLM hätten deshalb ein Corona-Notpaket für in finanzielle Schwierigkeiten geratene bayerische Lokalradio- und TV-Sender geschnürt. Insgesamt stelle das Land eine Million Euro zusätzlich zur Verfügung. Die BLM leiste ihren Beitrag, indem sie die Förderung der Untersuchung „Funkanalyse Bayern“ (FAB) im Hörfunk von 225.000 auf 450.000 Euro verdoppele. Auch der Bund wolle den privaten Hörfunk mit 20 Millionen Euro fördern, vor allem im Hinblick auf die Distributionskosten.
Man sei Mitte März vom Lockdown „kalt erwischt“ worden, sagte Sascha Devigne von Studio 47- Stadtfernsehen Duisburg. Daraufhin sei das 16köpfige Team halbiert worden. Die eine Hälfte habe weiter im Studio gearbeitet, die anderen acht Kolleg*innen habe man ins Homeoffice geschickt. Sie hätten sich um Recherche und Organisation gekümmert, Drehtermine und Interviews disponiert. Die klassische Arbeit vor der Kamera sei indes aus dem Homeoffice nicht möglich gewesen.
Einen Krisenplan habe es nicht gegeben, so Carmen Schmalfeldt von Radio Leverkusen, man habe die Situation durch „learning by doing“ zu meistern versucht. Hauptaufgabe sei gewesen, das Informationsinteresse der Hörer*innen über die konkrete Corona-Situation vor Ort zu befriedigen.
Devigne schätzt, dass zum Jahresende rund 25 Prozent der Jahresumsätze fehlen werden. Viele Werbebuchungen seien storniert worden, viele Veranstaltungen, an denen Stadtfernsehen Duisburg als Medienpartner beteiligt gewesen sei, fänden nicht statt. Einige der Ausfälle könnten immerhin durch Auftragsproduktionen kompensiert werden. Darüber hinaus würden die Studios und TV-Kapazitäten gern von Verbänden und Organisationen genutzt, die keine Präsenzveranstaltungen mehr durchführen könnten und daher auf ein Online-Format auswichen. „Das hat uns in den letzten Wochen sehr geholfen und verhindert, dass wir noch härter fallen.“
Bei tv.ingolstadt machte man aus der Not eine Tugend. „Wir kamen relativ schnell darauf, dass wir viel Content haben, den wir mit aktuellen Interviews aufpeppen können“, berichtete Horst Rettig. Man habe frühere Protagonisten der Sendung „Heimatgeschichten“ per Skype zugeschaltet und zu ihren aktuellen Erfahrungen befragt. Auf diese Weise sei ein unterhaltsames und hochwertiges Format zustande gekommen.
Tatsächlich hätten die Redaktionen trotz massiver Beschränkungen durch Werbeverluste, Homeoffice, Kurzarbeit und Angst um den Arbeitsplatz Innovationen durchgesetzt, die in normalen Zeiten möglicherweise viel länger gebraucht hätten, so auch die Einschätzung von Journalistik-Professor Klaus Meier von der Katholischen Universität Ingolstadt-Eichstätt. „Wir haben sogar Sternstunden lokaler Medien bei neuen Formaten und Themen gesehen“, sagte Meier. Viele klassische Herangehensweisen, zum Beispiel der Terminjournalismus, seien in der Krise weggebrochen. Dadurch seien kreative Freiräume geschaffen worden. Für das Publikum seien vor allem verlässliche Informationen zur aktuellen Situation in der Region wichtig gewesen. Verlässlich – das bedeute vielfältig und transparent, aber auch „ermutigend und konstruktiv“.
Die „Bilder der Angst“ aus anderen Ländern, etwa die Särge aus Bergamo, die Kühllaster in New York, in denen Leichen gelagert wurden, hätten sicher dazu beigetragen, das Ziel, die Infektionskurve abzuflachen, zu erreichen. Gleichzeitig sei auch wichtig gewesen, im Programm durch konkrete positive Beispiele Mut und Zuversicht zu befördern, möglichst viele Menschen mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen zu Wort kommen zu lassen. Lokale Medien hätten sich auch als „Plattformen für Hilfsangebote, für lokales Einkaufen und lokale Abholdienste“ bewährt. „Durch diese lokalen Medien“, so Meier, „konnten die Bürgerinnen und Bürger letztlich auch ein Licht am Ende des Tunnels sehen“.
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