Saban und dann?

Einstieg des Milliardärs bei ProSiebenSat.1 hinterlässt gemischte Gefühle

Der US-Investor Haim Saban hat die Mehrheit an der insolventen Kirch-Fernsehgruppe ProSiebenSat.1 Media AG gekauft. Ob der französische Sender TF 1 mit einsteigen wird, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Der Springer-Verlag erhöhte seinen Anteil von 11,5 auf 13,5 Prozent. Ende März besiegelte Saban auch die Übernahme der Kirch’schen Filmbibliothek, eine der umfangreichsten der Welt. Damit hat der Medienunternehmer die Rechte über rund 18.000 Filme und Serien erworben.

Als im Frühjahr 2002 das Kirch-Imperium zusammenbrach, bestand die ernsthafte Möglichkeit, dass Rupert Murdoch und Silvio Berlusconi bestimmenden Einfluss auf die Mediengruppe erhalten würden. Beide waren am Kirch-Konzern beteiligt und bildeten zusammen mit zwei US-Investmentfonds und dem saudischen Milliardär Al-Waleed eine mächtige Interessengruppe von „Alteignern“. Dass sie bei der Kirch-Verwertung nicht zum Zuge gekommen sind, ist zu begrüßen.

Angesichts der realen Machtverhältnisse wäre es sicher sehr schwer gewesen, eine nicht profitorientierte Lösung durchzusetzen. Dass eine solche aber nie auch nur angesprochen worden ist – auch nicht von Gewerkschaftsseite – war erstaunlich. Modelle einer Stiftung, die den insolventen Konzern unter öffentlicher Kontrolle hätte weiterführen können, wären eine Erörterung wert gewesen. Selbst die Idee eines Verlegerfonds (Bertelsmann, Bauer & Co.) zur Übernahme von KirchMedia, wie sie zu Beginn der Insolvenz von Regierungsseite lanciert worden war, ist nie ernsthaft erwogen worden.

Chancen für Arbeitsplätze

Die Übernahme von ProSiebenSat.1 und der Filmbibliothek durch Haim Saban war erleichtert worden, als der Heinrich-Bauer-Verlag Mitte März als Mitbieter ausstieg. Der Zuschlag für Saban ist allseits begrüßt worden; selbst die Betriebsräte und ver.di / connex sehen bei ihm bessere Chancen für die Arbeitsplätze als bei Bauer. Als Argumente werden genannt: Die monatelange Unsicherheit habe ein Ende. Saban habe Erfahrung im Fernseh- und Filmgeschäft und gute Verbindungen nach Hollywood. Saban werde Filmbibliothek und – rechtehandel weiterentwickeln, Bauer wollte sie eher stutzen. Bei Saban bestehen keine kartellrechtlichen Schwierigkeiten.

Haim Saban hat sich zu seinen Plänen auf dem deutschen Medienmarkt bisher kaum geäußert. Niemand kann sagen, was von den genannten Erwartungen Wirklichkeit wird. Zu bedenken ist aber folgendes: Sabans geschäftlicher Erfolg beruht hauptsächlich darauf, dass er Medienbetriebe entwickelt und dann günstig weiterverkauft hat. Das ist auch nach dem Einstieg bei der deutschen Fernsehgruppe möglich. Seinen größten Coup hat Saban zusammen mit Rupert Murdoch gelandet: den Verkauf von Fox Kids an Disney. Die Partnerschaft besteht auch heute noch. Mit dem Einstieg Sabans gewinnt erstmals ein internationaler Investor bestimmenden Einfluss auf deutsche Medien – noch dazu aufs Privatfernsehen. Wie gefährlich das ist, hat Murdochs weltweite Medienkampagne für den Irakkrieg gezeigt.

Der Verleger Heinz Bauer war eine wenig überzeugende Alternative zu Haim Saban. Er ist ein klerikaler Reaktionär, der im Dauerstreit mit seinen Betriebsräten liegt. Saban gehört zum so genannten „liberalen“ Amerika, sprich zum Spektrum der demokratischen Partei. Aber er steht in der Tradition des US-Unternehmertums, für das die Rechte von Beschäftigten wenig gelten. Es ist nicht ersichtlich, weshalb er mehr Rücksicht auf deren Interessen nehmen sollte als Heinz Bauer das getan hätte.

Beunruhigend sind die Verbindungen Sabans zum internationalen Medienkapital und speziell zu Rupert Murdoch. Nicht nur, weil ein Weiterverkauf der Fernsehgruppe denkbar ist, sondern auch, weil globale Profitinteressen und Managementstrategien einen höheren Stellenwert gewinnen werden. Eine Bindung zu Medien hat Haim Saban nicht; sie sind für ihn Investitionsobjekte.

Um so wichtiger wäre es, dass die Medienpolitik in Bund und Ländern endlich stärkeren Einfluss auf das Geschehen gewinnt und insbesondere ihre Kontrollfunktion ernst nimmt. Statt dessen ist jedoch das Gegenteil der Fall: Konzentrationsregeln werden aufgeweicht, eine gestalterische Strukturpolitik wird abgelehnt. Der Einstieg Sabans hat womöglich Türen geöffnet.

 

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