Leserbrief: Keine mangelnde Kritikfähigkeit

M 1–2/2011 „Prince und Pop

Lieber Autor: „Da schreiben die Medien gern voneinander ab, weil es sich ja so gut anhört“ zitieren Sie Rainer Schmidt. Recht hat er und einen Beleg liefern sie an anderer Stelle Ihres Artikels gleich mit. Es sei etwas dran an dem Verdacht, die Musikpresse stecke mit der Musikindustrie unter einer Decke. Was verbindet ist natürlich eine gemeinsame Leidenschaft für die Musik, wobei gerade bei der Industrie hier und da daran gezweifelt werden darf. Aber aus der Bemusterung mit Promoexemplaren – seit einiger Zeit übrigens immer häufiger nur noch in Form von CDRs, Downloads oder gar Streams – zu schließen, man schreibe für die Firmen statt für den Leser ist unreflektierter Quatsch, der seit Jahrzehnten immer wieder wiederholt wird.
Jeder Buchkritiker bekommt Rezensionsexemplare, jeder Sportreporter freien Zugang zu Veranstaltungen etc. Die Unabhängigkeit der Berichterstattung, einen professionellen Journalisten tangiert das nicht. Im Übrigen wird ja in der Regel von allen Plattenfirmen bemustert, es herrscht also Wettbewerbsgleichheit. Schauen Sie sich doch mal eines der von Ihnen aufgeführten Hefte an: Sie werden feststellen: Es gibt Verrisse wie Lodhudelei und manchmal gar leidenschaftliche Diskussionen darüber. Mangelnde Kritikfähigkeit entsteht doch nicht aus der Versorgung des Schreibers mit dem, worüber er schreibt.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Für mehr Konfrontation

Die Wahlen zum EU-Parlament endeten – nicht unerwartet – in vielen Mitgliedsstaaten mit einem Rechtsruck. In Frankreich, Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden und anderswo wurden eher euroskeptische, nationalistische, migrationsfeindliche Kräfte der extremen Rechten gestärkt. Auch in Deutschland haben 16 Prozent der Bürger*innen, mehr als sechs Millionen Menschen für die rechtsextreme, völkische AfD gestimmt – trotz NS-Verharmlosungen, China-Spionage und Schmiergeldern aus Russland. Immerhin sorgte die große Protestwelle der letzten Monate, die vielen Demonstrationen für Demokratie dafür, dass die AfD-Ausbeute an den Wahlurnen nicht noch üppiger ausfiel. Noch Anfang…
mehr »

Putins neuester Schlag im Medienkrieg

Unabhängigen Journalismus gibt es in Russland schon lange nicht mehr. Nun sperrt das Regime von Wladimir Putin den Zugang zu 81 europäischen Medien. Und damit einer der letzten Zugänge zu unabhängigen Nachrichten in Russland. Treffen dürfte das vor allem die wenigen Kolleg*innen, die noch als Korrespondent*innen vor Ort sind.
mehr »

Von der Politik zum Journalismus und zurück

Der jüngste Wechsel von Anna Engelke in das ARD-Hauptstadtstudio wird viel kritisiert. Sie war zuvor bei NDR Info und davor fünf Jahre lang Sprecherin von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Ähnliche Seitenwechsel vollzogen auch Steffen Seibert vom ZDF zum Regierungssprecher, umgekehrt der ehemalige Regierungssprecher Ulrich Wilhelm, der Intendant beim BR wurde und die einstmalige stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung Ulrike Demmer, die heute an der Spitze des RBB steht.
mehr »

Kapituliert Madsack vor den Rechtsextremen?

Stell Dir vor, die AfD wird Volkspartei – und die einzig verbleibende Zeitung streicht ihre ohnehin schon ausgedünnte Redaktion zusammen. Warum den Rechtspopulisten noch eine voll besetzte Redaktion mit Journalistinnen und Journalisten entgegensetzen, wenn Demokratie, Meinungsvielfalt und Pressefreiheit sowieso gefährdet sind?
mehr »