Leserbrief: Keine mangelnde Kritikfähigkeit

M 1–2/2011 „Prince und Pop

Lieber Autor: „Da schreiben die Medien gern voneinander ab, weil es sich ja so gut anhört“ zitieren Sie Rainer Schmidt. Recht hat er und einen Beleg liefern sie an anderer Stelle Ihres Artikels gleich mit. Es sei etwas dran an dem Verdacht, die Musikpresse stecke mit der Musikindustrie unter einer Decke. Was verbindet ist natürlich eine gemeinsame Leidenschaft für die Musik, wobei gerade bei der Industrie hier und da daran gezweifelt werden darf. Aber aus der Bemusterung mit Promoexemplaren – seit einiger Zeit übrigens immer häufiger nur noch in Form von CDRs, Downloads oder gar Streams – zu schließen, man schreibe für die Firmen statt für den Leser ist unreflektierter Quatsch, der seit Jahrzehnten immer wieder wiederholt wird.
Jeder Buchkritiker bekommt Rezensionsexemplare, jeder Sportreporter freien Zugang zu Veranstaltungen etc. Die Unabhängigkeit der Berichterstattung, einen professionellen Journalisten tangiert das nicht. Im Übrigen wird ja in der Regel von allen Plattenfirmen bemustert, es herrscht also Wettbewerbsgleichheit. Schauen Sie sich doch mal eines der von Ihnen aufgeführten Hefte an: Sie werden feststellen: Es gibt Verrisse wie Lodhudelei und manchmal gar leidenschaftliche Diskussionen darüber. Mangelnde Kritikfähigkeit entsteht doch nicht aus der Versorgung des Schreibers mit dem, worüber er schreibt.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Putins Geiseln

In Russland wurden Mitte Juli zwei westliche Journalist*innen aufgrund fingierter Anschuldigungen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Westliche Regierungen werden nun einen zynischen Deal mit dem Kreml eingehen müssen, um Evan Gershkovich und Alsu Kurmasheva freizubekommen. Doch gleichzeitig sollten sie klar machen, dass sie Putins „Verständnis“ von Journalismus nicht teilen.
mehr »

Tarifbindung statt Mehrwertsteuersenkung

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder möchte Verlagen, “Begleitschutz” geben. Das hat er bei einer Veranstaltung des Medienverbandes der freien Presse kürzlich angekündigt. Diejenigen unter ihnen, die Presseerzeugnisse herausgeben, sollen nach dem Willen Söders von einer - weiteren - Senkung der Mehrwertsteuer profitieren.
mehr »

Demokratie besser demokratisch schützen

Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat das als rechtsextremistisch eingestufte Magazin “Compact” verboten. Es sei ein zentrales Sprachrohr der rechtsextremen Szene, heißt es in der Erklärung dazu. Das Verbot betrifft nicht nur das gedruckte Heft, sondern die gesamte Compact Magazin GmbH und die Conspect Film GmbH – und somit sämtliche Verbreitungskanäle.
mehr »

Für mehr Konfrontation

Die Wahlen zum EU-Parlament endeten – nicht unerwartet – in vielen Mitgliedsstaaten mit einem Rechtsruck. In Frankreich, Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden und anderswo wurden eher euroskeptische, nationalistische, migrationsfeindliche Kräfte der extremen Rechten gestärkt. Auch in Deutschland haben 16 Prozent der Bürger*innen, mehr als sechs Millionen Menschen für die rechtsextreme, völkische AfD gestimmt – trotz NS-Verharmlosungen, China-Spionage und Schmiergeldern aus Russland.
mehr »