Ein 19-jähriger Journalist hatte im Juni vergangenen Jahres Fotos einer Antifa-Demonstration im Internet veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft Leipzig durchsuchte daraufhin seine Wohnräume und beschlagnahmte mehrere Datenträger. Seine nachgewiesene journalistische Tätigkeit wurde dabei ignoriert. Das Landgericht Leipzig bezeichnet das Vorgehen nun als rechtswidrig.
Am 12. Dezember vergangenen Jahres wurde der Pressefotograf morgens gegen 6 Uhr aus dem Schlaf geklingelt. Vor der Tür standen mehrere Polizist*innen und eine Staatsanwältin mit einem Durchsuchungsbeschluss. Sie erklärten dem überraschten Journalisten, dass er als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren wegen versuchtem Totschlag geführt werde.
Es ginge um eine Demonstration am 3. Juni 2023 in Leipzig, bei der es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen war. Der Journalist hatte auf der Demonstration Fotos gemacht, die er unter andrem auf der Plattform LZO Media veröffentlicht hatte. Der Journalist wies zunächst die Forderung der Polizist*innen und der Staatsanwältin, sein Fotomaterial für Ermittlungszwecke auszuhändigen mit Verweis auf seine ausgewiesene Tätigkeit als Journalist zurück.
Durchsuchung trotz Jugendpresseausweis
Gegenüber dem Leipziger Stadtmagazin Kreuzer schilderte er die Durchsuchung: „Ich habe darauf hingewiesen, dass ich Pressevertreter bin und meinen Jugendpresseausweis vorgezeigt. Die Staatsanwältin meinte, einen Jugendpresseausweis »kennen wir nicht«. Daraufhin wurden ein Laptop, Handys, Festplatten und SD-Karten mitgenommen.“ Das Landgericht Leipzig stellte nun fest, dass damit der Journalist in seinem Grundrecht verletzt wurde, da sich an keiner Stelle mit der Journalisteneigenschaft auseinandergesetzt wurde.
Denn der Jugendpresseausweis ist ein Zertifikat für angehende Journalist*innen bis 27 Jahre. „Er ist keineswegs ein Presseausweis minderen Rechts“, betont Constantin Waechter-Cardell gegenüber M. Der Leipziger Rechtsanwalt kritisiert im Gespräch mit M auch die unterschiedliche Vorgehensweise der Polizei auf der Suche nach Fotos der Demonstration. So seien Journalist*innen des MDR gefragt worden, ob sie Fotos zur Verfügung stellten. Sie hätten sich dann entschlossen, sämtliche Fotos zu veröffentlichen. „Bei dem jungen Kollegen hingegen haben sie nicht angefragt, sondern sind gleich mit einem Durchsuchungsbeschluss gekommen“, moniert Waechter-Cardell.
ver.di fordert Rechtssicherheit
Das Landgericht Leipzig rügte daher Amtsgericht und Staatsanwaltschaft wegen rechtswidriger Durchsuchung und Eingriff in die Pressefreiheit. „Wir begrüßen das Urteil des Landgerichts Leipzig, denn es belegt deutlich, dass auch Medienschaffende der Jugendpresse Journalist*innen sind und durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt werden“, erklärte der Gewerkschaftssekretär des ver.di-Bezirk Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt Lucas Munzke gegenüber M. Heftig kritisiert er das Agieren der Staatsanwaltschaft. „Ein solches Vorgehen führt zu Verunsicherungen bei jungen Medienschaffenden und nimmt ihnen die Rechtssicherheit. Die ist insbesondere für freie Medienschaffende essenziell.“
Der Beschluss des Landgerichts stellt nun klar, dass auch Fotograf*innen ohne großes Medienhaus im Rücken ihre Rechte verteidigen können. Zudem steht dem Journalisten nun nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz auch ein Geldbetrag für die rechtswidrig beschlagnahmten Gegenstände zu. Waechter-Cardell betont, dass diese Entschädigung von Betroffenen noch zu wenig in Anspruch genommen wird.