Erneut Urteil wegen Hassrede im Netz

Justitia Foto: Hermann Haubrich

Am Amtsgericht Essen-Steele wurde am 27. April 2021 ein Angeklagter wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Die zugrunde liegende Anzeige resultiert aus der Arbeit der Initiative „Verfolgen statt nur Löschen“. Es handelt sich um das erste Verfahren im Rahmen der Projektarbeit, in welchem eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung verhängt wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

„Verurteilungen wie diese sind ein deutliches und notwendiges Zeichen. Denn Hass im Netz ist Gewalt gegen Demokratie – und diese gilt es mit den Mitteln des Rechtsstaats zu verteidigen. Das Netz ist kein rechtsfreier Raum und Volksverhetzung eine Straftat.“ Die Projektbeteiligten von „Verfolgen statt nur Löschen“ und das Urteil des Amtsgerichts hätten das einmal mehr gezeigt, sagte Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, zur Gerichtsentscheidung.

Verfolgen statt nur Löschen

Ziel des Projekts „Verfolgen statt nur Löschen“ in Nordrhein-Westfalen sind eine effektive Identifizierung und die Sanktionierung strafrechtlich relevanter Hasspostings im Internet. Damit leisten Medienaufsicht, Medienhäuser und Strafverfolgungsbehörden einen Beitrag zur Erhaltung der Meinungsfreiheit. Denn Hasskommentare werden nicht lediglich gelöscht, sondern einer strafrechtlichen Prüfung durch die Staatsanwaltschaft unterzogen.

Seither haben die Medienhäuser und die Landesanstalt für Medien NRW in rund 900 Fällen Hasspostings zentral bei der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) NRW angezeigt. Bei einer Mehrzahl der Verstöße handelt es sich um Online-Kommentare, die im Verdacht stehen, den Tatbestand der Volksverhetzung zu erfüllen. In über 550 Fällen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Gegründet wurde die Initiative 2017 von der ZAC NRW, dem Landeskriminalamt NRW, den Medienhäusern Mediengruppe RTL Deutschland, „Rheinische Post“ und Westdeutschem Rundfunk und der Landesanstalt für Medien NRW. Seit Januar 2019 sind außerdem der „Kölner Stadt-Anzeiger“, der „Express“, die Deutsche Welle und der eco – Verband der Internetwirtschaft e.V., seit März 2020 auch Deutschlandradio dabei. Seit Februar 2021 sind auch Aschendorff Medien („Westfälische Nachrichten“), sowie zwölf weitere Regionalblätter und Medienhäuser dabei.

Mehr Informationen auch hier: https://mmm.verdi.de/medienpolitik/hass-im-internet-konsequenter-ahnden-67485

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Dreyeckland-Journalist wegen Link angeklagt

Am 18. April beginnt der Prozess gegen den Journalisten Fabian Kienert. Dem Mitarbeiter von Radio Dreyeckland in Freiburg wird die Unterstützung einer verbotenen Vereinigung vorgeworfen, weil er das Archiv eines Onlineportals in einem Artikel verlinkt hat. Das Portal mit Open-Posting-Prinzip war von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) 2017 als kriminelle Vereinigung verboten worden.
mehr »

Wichtiger Schritt gegen Einschüchterungsklagen

Die Europäische Union will Journalist*innen, Menschenrechtler*innen und Nichtregierungsorganisationen besser vor strategischen Einschüchterungsklagen (SLAPPs) schützen. Die Mitgliedstaaten gaben einer entsprechenden Richtlinie am Dienstag grünes Licht, das EU-Parlament hatte bereits Ende Februar zugestimmt. Die Regierungen haben nun zwei Jahre Zeit, sie in nationales Gesetze zu übertragen.
mehr »

EU stimmt für Medienfreiheitsgesetz

Das Europäische Parlament hat den European Media Freedom Act (EMFA) mit einer deutlichen Mehrheit angenommen. Das Medienfreiheitsgesetz soll die Unabhängigkeit und Vielfalt von Medien stärken und Besitzstrukturen im Mediensektor transparent machen. Medienorganisationen begrüßten das Gesetz. An der Frage, inwiefern Journalist*innen vor Ausspähung geschützt werden sollen, wäre das Vorhaben fast gescheitert. Einer Überwachung werden nun enge Grenzen gesetzt – doch Bedenken bleiben. 
mehr »

EU segnet Anti-SLAPP-Gesetz ab

Das Europäische Parlament stimmte in Straßburg mit großer Mehrheit für die sogenannte Slapp-Richtlinie. 546 Parlamentarier*innen stimmten für das Gesetz, 47 dagegen und 31 enthielten sich. Die Regelung soll Einzelpersonen und Organisationen, die sich mit Angelegenheiten von öffentlichem Interesse wie Grundrechten, Korruptionsvorwürfen und dem Kampf gegen Desinformation befassen, vor missbräuchlichen Klagen schützen. Jetzt muss die EU-Richtlinie am 19. März durch den Europäischen Rat bestätigt werden. Danach haben die 27 EU-Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.
mehr »