Hamburg: Buchautoren fühlen sich verschaukelt

Verlag Die Hanse bezahlte nach langer Weigerung endlich Fotohonorare

Der wegen seines Umgangs mit Urheberrechten bereits in die Diskussion geratene Verlag Die Hanse (M 4/2002) hat gegenüber einem Rechteinhaber von Fotos unwahre Behauptungen aufgestellt, die einen Buchautor diskreditieren. Dies geschah offenbar nur, um fällige Fotohonorare nicht selbst zahlen zu müssen.

Das hat der Hamburger Verlag nun quasi eingestanden. Für zwei von seinem Verlagsleiter akquirierte Bilder wurde nach monatelanger Weigerung jetzt doch die – um einen Strafzuschlag erhöhte – Lizenzgebühr an den Rechteinhaber, einen Fernsehsender, überwiesen.

Zuvor hatte der Verlag Die Hanse behauptet, er hätte die abgedruckten Bilder aus einem Video angefertigt, das ein Buchautor „beigebracht“ habe. In Wahrheit aber hatte sich Verlagsleiter Dieter Schöneborn die Bilder an dem Fernsehsender vorbei auf Umwegen beschafft – über eine Tageszeitung, die dieses Vorgehen schriftlich bestätigte (M berichtete). Trotzdem verwies der Verlag den Fernsehsender an den Buchautor, lieferte dessen Adresse und Telefonnummer gleich mit. Besonders prekär dabei: der an dieser eigenwilligen Bildbeschaffung des Verlages gänzlich unbeteiligte Buchautor ist hauptberuflich ausgerechnet bei jener Fernsehanstalt tätig, deren Bilder der Verlag Die Hanse ohne Genehmigung abgedruckt hat: „Wäre der tatsächliche Ablauf durch das unabhängige Zeugnis der Zeitung nicht so zweifelsfrei aufzuklären gewesen, hätte diese frei erfundene Behauptung des Verlages Die Hanse für den Autor erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen bei dem Fernsehsender zeitigen können“, sagt Erna Kronthaler, Juristin des ver.di-Bundesvorstandes: „Es ist eine neue Qualität, wenn ein Verlag einem Autor fast schon verleumderisch gesetzwidriges Verhalten unterstellt, nur um sich seiner ureigenen Zahlungsverpflichtungen zu entziehen.“

Namen einfach geändert

Der ver.di-Bundesvorstand hatte bereits zu Jahresbeginn auf das Gebaren des Verlages Die Hanse hingewiesen. Denn Verlagsleiter Schöneborn, der inzwischen nicht mehr für den Verlag tätig ist, hatte unter anderem eigenmächtig die Schreibweise eines Autorennamens auf dem Buchumschlag verändert oder dem selben Autor ein halbes Jahr hartnäckig die vertraglich zugesicherte Mitsprache bei Umschlaggestaltung, Ausstattung und Ladenpreis verweigert – bis das Buch bereits ausgeliefert wurde. Ein Gericht hatte dies als grob fahrlässig und Verletzung des Rechts des Autors bewertet.

Zudem wurde die für jede Buch-Neuerscheinung bedeutsame Öffentlichkeitsarbeit nach Informationen ehemaliger Autoren des Verlages „soweit sie überhaupt stattfand, nur von einer Praktikantin erledigt“. Auch deswegen hatte der Autor und Fotograf Günter Zint öffentlich erklärt, er habe sich „in diesem Verlag verschaukelt gefühlt“. „Der Lektor war die meiste Zeit krank, eine Vertretung war nicht da. Mein Fotobuch erschien mit einem schwarzen Umschlag, was ich bei einem Bildband noch nie erlebt habe und was sicherlich an den schlechten Verkaufszahlen Mitschuld hat.“ Mehrere Fotografen haben dem Verlag Die Hanse inzwischen schriftlich untersagt, ihre noch im Verlagsarchiv lagernden Bilder erneut zu nutzen.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »

Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.
mehr »

Verwaltungsräte treten aus dem Schatten

Die Verwaltungsräte der Öffentlich-rechtlichen Sender sind mächtig. Sie überwachen und kontrollieren die Geschäftsführung des Intendanten oder der Intendantin, soweit es nicht um die inhaltliche Gestaltung des Programms geht. Außerdem legen sie den Haushaltsplan und den Jahresabschluss fest, kontrollieren die Beteiligung an Unternehmen und vieles mehr. Ihre Beschlüsse fassen sie nicht öffentlich.
mehr »