Laut neuem Passgesetz, dass bereits von Bundeskanzlerin Angela Merkel unterschrieben ist und am 1. November in Kraft treten soll, werden Künstler- und Ordensnamen im Personalausweis abgeschafft. Die Begründung erscheint zunächst verblüffend: Den Behörden soll die Arbeit erleichtert werden! Nun ja eine löbliches Unterfangen, nur zu welchem Preis und zu wessen Nachteil?
Es galt nachzufragen, in der Pressestelle des Bundesinnenministeriums: Ist die Abschaffung des Künstlernamens tatsächlich vorgesehen, in Zeiten, in denen über die Sicherheit heißer diskutiert wird denn je und in denen man allen Ernstes über Registrierung von Konvertiten nachdenkt? Und was wird aus den vielen Journalistinnen, die nach der Heirat unter ihrem Mädchennamen arbeiten und deren Mädchenname als Künstlername im Ausweis eingetragen ist? Außerdem wird es folgende Situation geben: Eine Journalistin führt unter ihrem Mädchen-, also Arbeitsnamen Interviews. Aber zu einem persönlichen Interview wird sie unter diesem Namen nicht bei Ministerien und Behörden reingelassen, weil der Arbeitsname in keinem offiziellen Dokument steht. Oder bei Hörerreisen muss eine Kollegin dann den Ehenamen bekannt geben, da sie unter ihrem Künstlernamen nicht mehr reisen darf? Dabei hat der Künstlername auch den Zweck das Privatleben der Redakteurin in gewisser Weise aus der Öffentlichkeit herauszuhalten. Auch gibt es eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen, die seit Jahren einen Künstlernamen für ihre Arbeit benutzen oder einen anderen Namen als Arbeitsnamen, weil sie dies für ihre Recherchearbeit als sicherer erachten, zum Beispiel auf dem Gebiet des Rechtsextremismus.
Derartige Regelungen schränken die tägliche Arbeit vieler Journalistinnen und Journalisten sowie vieler anderer Menschen, die seit Jahren nicht mehr unter ihrem bürgerlichen Namen in Erscheinung treten, in hohem Maße und aus nicht nachvollziehbaren Gründen ein. Das ist ein Skandal! Die Pressereferentin des Innenministeriums wusste von der Abschaffung der Künstlernamen nichts, hat sich jedoch beim zuständigen Referatsleiter erkundigt. Daraufhin bedankte sie sich mit einem Rückruf: „Das ist alles bei dem Gesetz gar nicht bedacht und berücksichtigt worden. Vielen Dank für diesen Hinweis. Unter Einbezug dessen wird man darüber noch mal nachdenken.“
ver.di als Vertretung von Künstlern und Publizistinnen in Deutschland wird sich nunmehr an das Bundesinnenministerium wenden, um dieses Nachdenken zu fördern und gegen diese Regelung intervenieren.