Miese Stimmung

Außerordentliche Kündigung während einer Krankheit im Deutschlandfunk / DeutschlandRadio Kultur

Unter vielen Kollegen und Kolleginnen beim Deutschlandfunk / DeutschlandRadio Kultur herrscht seit einiger Zeit eine „miese Stimmung“. Nun kam es sogar zu einer Kündigung während der Krankheit und anschließenden Schikanen gegen eine Kollegin, die sich zur Wehr setzte.

Axel Wende, Vorsitzender des ver.di-­Betriebsverbandes, beobachtet besorgt eine generell veränderte Personalpolitik: „Der Umgangston in diesem Hause hat sich eindeutig negativ verändert. Und mit ihm die Personalpolitik. Es werden vermehrt Abmahnungen ausgesprochen.“ Man erzählt sich zudem, es kämen immer öfter Mitarbeiter ins Haus, die „mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eigentlich nichts am Hut haben“. Der Personalchef beispielsweise rühme sich gelegentlich seiner Vergangenheit in einer Firma, in der es keine Tarifverträge gab.

Prozesse gewonnen Weiterbeschäftigung angeordnet

Opfer einer besonders rigiden Vor­gehensweise der Sendeleitung ist seit gut zwei Jahren eine Kollegin, die seit über 13 Jahren mit nach wie vor unbestrittener fachlicher Qualität im Kölner Sender arbeitet. Nach einer längeren Krankheit, deren Ursache, so ihr Anwalt, „in Arbeitsbedingungen mit krank machendem Charakter“, vulgo Mobbing, lag, bekam sie, noch während sie krank geschrieben war, eine außerordentliche Kündigung. Axel Wende: „Es ist in dreißig Jahren in diesem Sender noch nie vorgekommen, dass Jemand wegen Krankheit entlassen werden sollte und das erleben wir jetzt.“ Den Kündigungsschutzprozess gewann die Betroffene in erster Instanz, eine „negative Prognose“ aufgrund der Krankheit wurde sowohl von gutachterlicher Seite als auch vom Richter eindeutig verneint. Ein ärztliches Gegengutachten, das der Sender wollte, lehnte das Gericht ab. Die außerordentliche Kündigung war unwirksam, die Weiterbeschäftigung unter den bisherigen Bedingungen wurde angeordnet. Noch vor der Urteilsverkündung der 1. Instanz riet das Gericht darüber hinaus sinngemäß: „Setzen Sie sich zusammen.“ Dieses Gespräch kam zustande. Allerdings zeigte sich, so wird berichtet, seitens der Sendeleitung von Deutsch­landfunk Köln nicht „der Funke eines Willens, das Ganze einvernehmlich zu regeln. Es wurde ausschließlich darauf gedrängt, das Arbeitsverhältnis zu beenden“.
Der Sender ordnete statt dessen die 52jährige nach dem Urteil zwei Mal nach Berlin ab, „reine Schikane“, wie Kollegen mutmaßen. Angeblich war die Arbeit in Köln nicht mehr vorhanden, was nicht nur die Betrof­fene bestreitet. Sie trat die Berliner Stelle unter Widerspruch an und stellte vor Ort fest, dass sie die dortige Arbeit ohne weiteres auch in Köln hätte machen können. Was folgte waren zwei weitere Änderungskündigungen hintereinander. Der Personalrat widersprach beiden. Es ging hin und her mit Kündigungsschutzklagen und Berufungen. Das Kölner Landesarbeitsgericht entschied nun kürzlich in 2. Instanz erwartungsgemäß über die ursprüngliche Kündigung: Sie ist und bleibt unwirksam, eine Revision wird nicht zugelassen. Kenner vermuten freilich, dass über die mögliche Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auch schon wieder nachgedacht wird.

Kollegen stärken der Betroffenen den Rücken

Was letztlich hinter dieser Verfolgung steckt, bleibt im Dunkeln. Rechtsanwalt Ulrich Bormann, der die Kölnerin vertritt und ihr Durchhaltvermögen bewundert: „Ich kenne die Gründe nicht. Aber die Gründe scheinen mir unsachlich zu sein. Es gibt keine harten Fakten.“ Das ist bei Mobbing nie der Fall und das macht es für das Opfer so schwierig. „Die paßt einer Führungskraft nicht“, sagen Kolleginnen, „der will sie klein kriegen.“ In einem Umfeld aus offenbar tiefer persönlicher Abneigung eines hohen Hierarchen stärken Personalrat, ver.di und große Teile der Belegschaft der Betroffenen der Rücken.
Zu all dem geben weder der Sender noch Intendant Ernst Elitz eine Stellungnahme ab. Dietmar Böttcher, Leiter der Pressestelle, kann nur bestätigen, dass es ein „schwebendes Verfahren“ gibt. Ob Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichtes, keine Revision zuzulassen, erhoben wird, wurde bis Redaktionsschluß nicht bestätigt. Bereits in der 2. Instanz soll sich das hauseigene Justitiariat wegen mangelnder Erfolgsaussichten geweigert haben, in dieser Angelegenheit weiter den Sender zu vertreten.
Womit der Gebührenzahler auch noch die Kosten einer externen Anwaltskanzlei für die erfolglose Berufung und die weiteren Prozesse zu tragen hat. Die ganze Angelegenheit nannte Personalratsvor­sitzender Gode Japs auf einer Personalversammlung schlicht „schäbig“. Ein Arbeitskollege der Betroffenen wurde noch drastischer: „Das ist eine Scheißgeschichte, die die Stimmung und die Motivation im ganzen Hause beeinträchtigt.“

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