Online-Nutzung muss extra bezahlt werden

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Ein freiberuflicher Journalist hat erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen die unberechtigte Nutzung von über 60 seiner zwischen 2007 und 2012 verfassten Beiträge auf dem Onlineportal der Funke-Mediengruppe geklagt. Die Berufungsinstanz sah den vom Kläger verlangten Schadensersatz für eine digitale Zweitverwertung als berechtigt an und nahm auch einen ehemaligen Geschäftsführer wegen der Verletzung von Prüfpflichten in Haftung.

Zur Vorgeschichte: Der Freie hatte 2003 mündlich einen Pauschalistenvertrag mit der ehemals zur WAZ-Gruppe gehörenden Neuen Ruhr Zeitung (NRZ) über die monatliche Lieferung von Artikeln zu den Themenschwerpunkten Justiz und Polizei für die Ressorts „NRW Das Land“ und „Wirtschaft und Verbraucher“ geschlossen. Vereinbart wurde auch ein gesonderter Honoraranspruch, sofern seine Artikel in weiteren Ressorts der NRZ erscheinen sollten.

Im September 2012 stellte der Pauschalist fest, dass auf dem Online-Portal der Funke Mediengruppe www.derwesten.de mindestens 60 der von ihm seit 2007 für die Printausgabe der NRZ zugelieferten Artikel auch online veröffentlicht wurden, ohne dass er dafür eine zusätzliche Vergütung erhalten hatte.

Zunächst versuchte er auf dem Wege einer Abmahnung gegen die Urheberrechtsverletzung vorzugehen. Er führte an, dass er zu keinem Zeitpunkt einen Vertrag über die Veröffentlichung seiner Artikel im Online-Portal der Funke Mediengruppe geschlossen habe. Der Pauschalistenvertrag habe lediglich für die seinerzeitige Printausgabe der NRZ gegolten und keine Veröffentlichung im Internet eingeschlossen.

Die Funke Mediengruppe wies die Ansprüche als unbegründet zurück. Dem Journalisten sei aus seiner täglichen Berufspraxis bekannt gewesen, dass nach Einführung des Online-Portals die Beiträge aus den Printausgaben der NRZ auch im Internet veröffentlicht wurden. Das habe auch Beiträge von ihm betroffen. Auch habe der Autor im Rahmen des Pauschalistenvertrages sämtliche urheberrechtlichen Nutzungsrechte an seinen Artikeln der NRZ übertragen, selbst wenn dort eine Veröffentlichung seiner Artikel im Internet nicht ausdrücklich vereinbart worden sei. Es sei eine gängige Branchenübung, dass freie Journalisten, die für Tageszeitungen tätig werden, für die zusätzliche Online-Nutzung ihrer Beiträge kein gesondertes Honorar erhalten.

Dagegen klagte der Journalist mit ver.di-Rechtsschutz zunächst vor dem Landgericht Düsseldorf. Dort bekam er allerdings nur teilweise Recht. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens war die Gesellschaft der Funke Mediengruppe, die seinerzeit im Impressum des Online-Portals gestanden hatte, erloschen. Das Landgericht ging davon aus, dass der Rechtsnachfolgerin keine Prüfpflichten hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der veröffentlichten Beiträge im Portal auferlegt seien. Auch ein ehemaliger Geschäftsführer der zunächst verklagten WAZ NewMedia GmbH habe das rechtmäßige Einstellen der Artikel im Online-Portal nicht zu prüfen. Hierfür seien vielmehr die jeweiligen Redakteure verantwortlich gewesen.

Gegen dieses Urteil ging der Kläger in Berufung. „Wir machten geltend, dass der seinerzeit geschlossene Pauschalistenvertrag nicht auch die Vergütung für die digitale Zweitverwertung der Beiträge meines Mandanten im Online-Portal umfasste. Dafür steht ihm vielmehr ein gesondertes Honorar zu, da es sich bei der Online-Verwertung um eine gesonderte Nutzungsart gem. § 19 a UrhG handelt“, so Rechtsanwältin Elisabeth Ivanyi. Auch hafte der ehemalige Geschäftsführer neben der nunmehr verantwortlichen Gesellschaft weiter für die unrechtmäßige Veröffentlichung der Artikel im Online-Portal.

Dieser Auffassung schloss sich das Oberlandesgericht mit Urteil vom 16. August 2018 nun weitgehend an (Az: I-20 U 130/17). Die Funke Medien NRW GmbH, die das Archiv jetzt betreibt, und der Geschäftsführer der Altgesellschaft wurden verurteilt, dem freien Journalisten insgesamt eine vierstellige Summe an Schadenersatz plus Zinsen zu leisten. Die Ansprüche seien nicht verjährt. Der Geschäftsführer sei selbst „Täter der Urheberrechtsverletzung“, da er zu prüfen unterließ, ob eine Nutzungsberechtigung für die fraglichen Artikel des Klägers vorlag.

Der aktuelle Spruch des Berufungsgerichts belege eindeutig, dass Mediengruppen für jede Nutzungsart eine gesonderte Vergütung zahlen müssen. „Eine für Printausgaben vereinbarte Vergütung erfasst nicht die Veröffentlichung von urheberrechtlich geschützten Texten im Internet automatisch mit“, fasst die Klägeranwältin zusammen.

Das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldoorf stärkt so auch klar die Position von freien Journalist_innen gegen sogenanntes Total-buy-out.

 

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