Durch eine jahrzehntelange Prozessflut hat seine Schwester – mittlerweile Hannoveranerin – das Recht zur Abbildung von „Personen der Zeitgeschichte“ in der Presse in Deutschland und ganz Europa nachhaltig verändert. Beim zweiten und dritten Anlauf aber war Prinzessin Caroline vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gescheitert. Eine Gerichtsschlappe musste jetzt auch Albert von Monaco in Straßburg hinnehmen. Die Zeitschrift „Paris Match“ durfte über den unehelichen Sohn des Fürsten mit einer Stewardess berichten.
Das entschied die Große Kammer des EGMR im Fall „Couderc and Hachette Filipacchi Associés v. France (application no. 40454/07) am 10. November 2015. Zwei Tage nach der britischen Tageszeitung „Daily Mail“ hatte die französische Illustrierte im Mai 2005 einen Artikel über Albert Grimaldis unehelichen Sohn veröffentlicht, dem ein Interview mit dessen Mutter Nicole Coste zugrunde lag, heißt in der Pressemitteilung des Gerichtshofs. Der Fürst, gerade zwei Monate Regent von Monaco, hatte seinen Sohn zu diesem Zeitpunkt noch nicht anerkannt.
Fürst Albert war gerichtlich gegen die Berichterstattung vorgegangen und hatte vor dem Tribunal de Grande Instance in Nanterre und dem Versailler Berufungsgericht Recht bekommen. Die zwei Instanzen verhängten eine Strafe von 50.000 Euro. Da eine Revision in Frankreich nicht möglich war, beschwerte sich der Verlag von „Paris Match“ beim Straßburger Menschenrechtsgerichtshof und bekam Recht.
Die 17 Richter der Großen Kammer sahen in dem Urteil einstimmig einen Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung. Zwar sei die Privatsphäre des Fürsten verletzt. Jedoch sei die Freiheit der Meinungsäußerung gemäß Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention in diesem Fall höher zu bewerten als die Persönlichkeitsrechte des Fürsten. Da es bei der Berichterstattung um die Erb- und Thronfolge ging, durfte die Presse nach Ansicht der Richter über den unehelichen Sohn des Fürsten berichten.
In Deutschland war Fürst Albert bereits im November 2005 vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe gegen die Zeitschrift „Bunte“, die ebenfalls einen Artikel über seinen unehelichen Sohn veröffentlich hatte, gescheitert (Pressemitteilung des OLG vom 18. November 2005). Prinzessin Caroline war schon seit den 1990er Jahren vor allem gegen Fotoveröffentlichungen in deutschen Illustrierten vorgegangen. Durch eine Entscheidung des Straßburger Gerichtshof vom Mai 2004 veränderte die Monegassin die bundesdeutsche Rechtsprechung zu Abbildungen von Personen der Zeitgeschichte entscheidend (siehe M 4/2008). Bei ihrem zweiten Anlauf vor dem EGMR im Jahre 2012 scheiterte Caroline von Hannover (siehe M 2/2012), ebenso beim dritten im September 2013.
Auch in Deutschland gehen die Prozesse um das Bildnisrecht weiter: Kürzlich sprach das Landgericht Hamburg der Ehefrau des weltbekannten Formel-1-Fahrers Michael Schumacher einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 60.000 Euro wegen rechtsverletzender Presseberichte zu. Dabei ging es um die Veröffentlichung mehrerer Fotos, die sie beim Besuch des Krankenhauses zeigen, in das ihr beim Skifahren schwer verunglückter Mann behandelt wurde.
„Auf der einen Seite besteht ein ganz erhebliches Interesse der Öffentlichkeit daran zu erfahren, wie die Klägerin mit einer solchen Ausnahmesituation umgeht und zurechtkommt. Auf der anderen Seite ist die Klägerin im Kern ihrer Privatsphäre betroffen, wenn sie in einer Situation gezeigt wird, in der sie die Möglichkeit haben muss, mit ihrem Schmerz, ihrer Verzweiflung und ihrer Unsicherheit umzugehen und sich mit der traumatisierenden Situation eines Ereignisses, das das Schicksal der gesamten Familie ändert, auseinanderzusetzen. Dass diese Auseinandersetzung mit einer extremen Gefühlslage nur unbeobachtet und abseits der Öffentlichkeit erfolgen kann, liegt auf der Hand“, heißt es in dem Urteil vom 25. September 2015 (Az.: 324 O 161/15). „Konzentriert sich die öffentliche Erörterung allein auf das Schicksal der Klägerin, handelt es sich letztlich um nicht mehr als Voyeurismus, der mit dieser Abbildung befriedigt werden soll.“