Intendanten der ARD geraten unter Druck

Schild zum Rundfunkbeitrag

Protest beim Treffen der ARD-Intendant*innen. Foto: ver.di

Beim Treffen der Intendant*innen der ARD-Sender in Saarbrücken haben die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), der DJV und unisono zur gemeinsamen Aktion „Bewegt euch!“ aufgerufen. Die Intendant*innen wurden auf dem Weg zum Saarländischen Rundfunk von Beschäftigten des SWR , anderer ARD-Sender und des ZDF aufgehalten und zur Diskussion über die Tarifverhandlungen aufgefordert. Die Beschäftigten forderten von den Intendant*innen mehr Bewegung im laufenden Tarifstreit bei NDR, Radio Bremen, WDR, SWR und BR.

„Die festen und freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Rundfunkanstalten brauchen jetzt die notwendigen Tariferhöhungen. Insbesondere die niedrigen Tarifgruppen, Auszubildende, Volontärinnen und Volontäre sowie Berufseinsteigerinnen und -einsteiger sind besonders hart von starker Inflation und Belastungen gestiegener Lebenshaltungskosten betroffen. Es besteht sofortiger Handlungsbedarf. Die Verzögerungstaktik der Rundfunkanstalten, über mehrere Verhandlungsrunden gar keine Angebote vorzulegen, hat die Streiks in dieser Tarifauseinandersetzung provoziert. Die Höhe der bisherigen Angebote verschärfen den Arbeitskampf sogar noch, denn die angebotenen Tariferhöhungen entsprechen weniger als zwei Prozent Einkommenserhöhung pro Laufzeitjahr „, kritisiert Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im ver.di-Bundesvorstand.

Tom Buhrow, Intendant des WDR, muss sich den Forderungen der Beschäftigten stellen. Foto: ver.di

Für Auszubildende und Volontärinnen und Volontäre seien die aktuellen Vergütungen viel zu niedrig und reichten ohne Zusatzeinkünfte vielfach nicht aus für ein Leben an den Medienstandorten. „Dass die ARD die von uns bewusst geforderten Festbetragserhöhungen zur Wiederherstellung auskömmlicher Löhne dagegen kategorisch ablehnt, ist eine krasse Missachtung der realen Probleme junger Medienschaffender. So kann es keine Verhandlungsergebnisse geben, die Intendantinnen und Intendanten müssen sich bewegen“, so Schmitz-Dethlefsen.

Beispielloser Druck in Tarifrunde

„Diese Tarifrunde steht unter beispiellosen politischen Druck. Wir machen uns für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stark. Dazu gehört ein Ausbau der Programmangebote in digitale Verbreitungskanäle. Die im HR und MDR und anderen Sendern stattfindenden Programmeinschränkungen bei regionaler und politischer Berichterstattung befördern dagegen noch die Kritik am Rundfunk. Reformen und Neuausrichtungen der ARD-Sender sind nötig, die Kosten dafür und für faire Einkommenserhöhungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen durch eine bedarfsgerecht erhöhte Rundfunkabgabe finanziert werden. So wie alle Medienangebote ihre Abo-Preise erhöhen, ist dies auch für den ÖRR nötig. Dies auch politisch durchzusetzen, ist die Aufgabe der Intendantinnen und Intendanten, wir sichern jede Art der Unterstützung zu“, erklärt Schmitz-Dethlefsen.

Die Tarifangebote der Rundfunkanstalten liegen bei Laufzeiten von 24 bis 30 Monaten bei einer linearen Erhöhung von 2,25 Prozent für die ersten 15 Monate. Danach soll es aber nur unter der auflösenden Vorbedingung einer durch die Bundesländer oder das Bundesverfassungsgericht erfolgten Erhöhung der Rundfunkabgabe und nur dann, 2,46 Prozent ab dem 1. April 2025 als Tariferhöhung geben.

Unterstützung des Protests aus München

Auch der Bayrischen Rundfunk sendete heute ein Zeichen Richtung Saarland:  „Zum heutigen Treffen der Intendantinnen und Intendanten setzen wir mit diesem Warnstreik ein deutliches Zeichen, dass die Blockadehaltung der Arbeitgeberseite in den Gehaltsverhandlungen ein Ende haben muss. Wir treten seit über einem halben Jahr auf der Stelle, denn auch in der vierten Runde der Gehaltsverhandlungen hat der BR sein mageres Angebot nicht nachgebessert. Die Beschäftigten sind sauer!“, erläutert Annette Greca, zuständige Gewerkschaftssekretärin für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bei ver.di Bayern.

ver.di kritisiert Verzögerungstaktik

„Statt auf Grundlage der Tarifautonomie nun selbstbewusst und ohne Verzögerungstaktik baldmöglichst allen Beteiligten Klarheit über die nötigen Kostensteigerungen im ÖRR zu verschaffen, scheuen die Intendantinnen und Intendanten die ehrliche Rechnung für eine ausreichende Finanzierung des Rundfunks aufzumachen. Dieses irreführende Vorgehen muss enden. Publikum, Politik und Personal brauchen ehrliche Perspektiven wie es mit dem Rundfunk nach vorne geht,“ fordert Schmitz-Dethlefsen.

Erst kürzlich hatte der Vorsitzende der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) Prof. Dr. Martin Detzel verdeutlicht, dass die Tarifautonomie auch im verfassungsrechtlichen Verfahren zur Festlegung der Rundfunkabgabe gelte und sich die KEF bei ihren Prognosen an den Tariferhöhungen des öffentlichen Dienstes der Länder orientiert habe. Die Angebote der ARD-Sender liegen weit unter diesen Vorlagen.

Schon in den vergangenen Wochen wurde in allen verhandelnden Rundfunkanstalten zu Warnstreiks aufgerufen, die Beeinträchtigungen im Programm bis hin zu Ausfällen zur Folge hatten. Sollten die verhandelnden Rundfunkanstalten ihre Blockadehaltung nicht beenden, wird es auch über die weiteren Termine hinweg zu Arbeitskampfmaßnahmen kommen.


Update: Warnstreik auch bei Radio Bremen und Bremedia

Die Hörfunkwellen Bremen Eins, Bremen Vier und Bremen Next sendeten am 18.06. nur Notprogramme mit Warnmeldungen und Musik. Die Hörfunknachrichten fielen in allen Programmen bis 8 Uhr komplett aus, das Online-Angebot sowie die Sportberichterstattung wurden ebenfalls bis in den Vormittag hinein komplett bestreikt. Gut 150 Mitarbeitende von Radio Bremen und der Tochterfirma Bremedia waren den Aufrufen der Gewerkschaften ver.di, DJV und VRFF gefolgt und hatten bis in den Mittag die Arbeit niedergelegt.

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