Schon entdeckt? karla

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Engagierte Medien abseits des Mainstreams gibt es zunehmend mehr. Sie sind hochinteressant, aber oft wenig bekannt. Deshalb stellt M in jeder gedruckten Ausgabe und auf M Online einige davon vor.

Konstanz, eine Stadt mit rund 85.000 Einwohner*innen, hat eine neue Lokalzeitung. Das Online-Magazin „karla“ veröffentlicht jede Woche drei bis vier Texte aus dem kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Leben der Stadt. Die Macher*innen hinter „karla“  wollen ernste Themen anpacken, doch ihr Ziel ist, dass die Seite „vor allem auch Spaß machen“ soll. Das Thema, um das sich der erste Schwerpunkt des Magazins dreht, ist ein brandaktuelles: Es geht um die klimagerechte Stadtentwicklung.

Von mehreren Seiten beleuchtet „karla“ diese erste Schwerpunkt-Geschichte. Klickt man den Fokus zur klimagerechten Stadtentwicklung an, öffnet sich eine ganze Reihe an Inhalten: Vier Beiträge widmen sich dem Thema, einer davon ist ein Podcast, ein anderer ein Interview von Redaktionsleiter Michael Lünstroth mit dem Konstanzer Oberbürgermeister Ulrich Burchardt (CDU).

Gewiss: So etwas kann man nicht einfach so aus dem Boden stampfen. Den Anfang machte ein Crowdfunding: Das Ziel von 80.000 Euro wurde überboten, zusammen mit dem Preisgeld von 17.500 Euro aus einem Crowdfunding-Wettbewerb hat das „karla“-Team 101.334 Euro gesammelt – so steht es in einer Medienmitteilung von Anfang Juni. Der ist auch zu entnehmen, dass über 1.000 Menschen „karla“ unterstützt haben.

„Kein reines Journalismus-Projekt“

In der Universitätsstadt Konstanz am Bodensee gebe es nicht nur den Platzhirsch Südkurier (der zur Augsburger Allgemeinen gehört), sondern noch weitere Medien. Und dennoch stoße „karla“ in eine Lücke, sagt Redaktionsmitglied Moritz Schneider im Gespräch mit M: Es gehe nicht darum, durch Clickbaiting möglich viele Zugriffe zu erzielen, sondern um gründliche Recherche. Es gibt keine Werbung, 50 Prozent der Erlöse sollen aus Abos kommen. Hinter „karla“ steckt eine gemeinnützige GmbH, die im November 2021 gegründet wurde.

In einer Hinsicht wird „karla“ es etablierten Medien (fast) gleich tun:  Schneider berichtet von Veranstaltungen und sagt, „karla“ wolle partizipativ sein, also Menschen außerhalb der Redaktion einbeziehen.  Es gehe darum, Lokaljournalismus erlebbar zu machen und Medienbildung zu vermitteln. Das Online-Magazin sei „kein reines Journalismus-Projekt“. Ab Oktober sollen nun regelmäßig Geschichten erscheinen.

Übrigens: „Wir versuchen, nach Tarif zu bezahlen“, sagt Schneider und bezieht das auf die Einstiegsgehälter der Festangestellten, bei Freien spricht er von Honorierung nach Aufwand. Das Geld aus dem Crowdfunding soll nur ein Bestandteil der Finanzierung sein. Neben Abos, Veranstaltungen und Spenden sollen laut Presseinfo „weitere Förder- und Stiftungsgelder“ beantragt werden.

Sicher dürfte sein: Bleiben die „karla“-Geschichten auf ihrem Niveau, wird das Online-Magazin eine überaus sinnvolle Ergänzung zu bestehenden Medien sein. Ob man sich dauerhaft auf Einnahmen wie Spenden und Fördergelder mit stützen kann, bleibt abzuwarten.

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