Stellenabbau nach Plan: So könnte der Verlauf des „Freiwilligenprogramms“ bei den Nürnberger Zeitungen bilanziert werden. 28 journalistische Vollzeitstellen sollten wegfallen. Genau diese Zahl wurde erreicht. Das Aufarbeiten dieses Aderlasses wird nicht einfach sein. „Ich bin erleichtert und traurig zugleich“, fasst Klaus Schrage, Betriebsratsvorsitzender der „Nürnberger Nachrichten“ (NN), seine Gefühlslage zusammen.
Da das „Freiwilligenprogramm“ funktioniert habe, muss der ansonsten angedrohte Sozialplan nicht verhandelt werden. Andererseits gehe der Redaktion viel Können und Erfahrung verloren. Denn vor allem ältere, profilierte Kolleg*innen haben den Goldenen Handschlag angenommen.
Auslöser des Programms ist die Fusion von drei Redaktionen zu einer neuen Zentralredaktion zum 30. September dieses Jahres. Die Belegschaft der „Nürnberger Zeitung“ (NZ) und die Onliner*innen der Nordbayern Infonet GmbH werden in die Redaktion der „Nürnberger Nachrichten“ übernommen. So ist, aus Sicht des Unternehmens, ein Personalüberhang bei den Zeitungsredakteur*innen entstanden.
Die Betriebsräte von „Nürnberger Nachrichten“ und „Nürnberger Zeitung“ hätten nach Bekanntwerden des geplanten Stellenabbaus sofort erkannt, dass es keinen Sinn gehabt hätte, sich gegen den Plan des Unternehmens aufzulehnen. Man habe die unerfreuliche Aufgabe, die Bedingungen des „Freiwilligenprogramms“ mit der Arbeitgeberseite zu vereinbaren, angenommen und diese in kurzen und intensiven Verhandlungen durchaus erfolgreich bewältigt, so Schrage. Die Konditionen für den Ausstieg könnten sich sehen lassen.
Skeptisch blickt der NN-Betriebsratsvorsitzende auf die Folgen des „Freiwilligenprogramms“. Es beinhalte sicherlich die Chance, dass sich einige Kolleg*innen stärker profilieren könnten.
Das Konzept, beide Zeitungstitel bestehen zu lassen und die Unterscheidbarkeit von NN und NZ durch profilbildende Autor*innen sicherzustellen, werde in der Redaktion kritisch hinterfragt.
In Gesprächen mit Ausscheidenden sei auch deutlich geworden, dass nicht Wenige gingen, weil sie nicht an das inhaltliche Zukunftskonzept der Chefredaktion glauben. Das Gefühl, vom teilweise jahrzehntelang geschätzten Kollegen zum Kostenfaktor zu werden, habe Verletzungen verursacht. Den Satz: „Das ist nicht mehr meine Zeitung“, habe er mehrmals gehört, so Schrage. Marco Puschner, Betriebsratsvorsitzender der „Nürnberger Zeitung“, kann da nur beipflichten: „Es ist bitter, dass nun so viele verdiente Redakteurinnen und Redakteure enttäuscht, frustriert und mit dem Gefühl fehlender Wertschätzung für ihre Arbeit das Haus verlassen.“
Nun sei es an der Chefredaktion, die Skeptiker*innen zu widerlegen, betont Schrage. Die Neubesetzung der Ressortleitungen – die Stellen werden ausgeschrieben – müsse ebenso überzeugend gelingen wie das Schließen von Lücken, die durch das Freiwilligenprogramm gerissen wurden.
Die Betriebsräte haben in einer öffentlichen Resolution für den Erlass eines Redaktionsstatuts plädiert. „Das Zusammenwachsen von Redaktionen mit unterschiedlichen Kulturen ist ein schwieriger Prozess. Das zeigen die Erfahrungen in anderen Verlagen eindeutig“, heißt es darin. Durch eine Verständigung auf verbindliche gemeinsame Ziele und Werte werde dieser Prozess sicherlich erleichtert. Und ein Redaktionsstatut hätte für Klaus Schrage noch einen anderen guten Effekt: „Wenn wir nach außen Transparenz über die Grundlagen unserer Arbeit schaffen, erschweren wir Populisten und anderen Verschwörungstheoretikern das Geschäft. Denn auch unsere Kritik- und Kontrollfunktionen sollten Bestandteil des Statuts sein.“
M – Der Medienpodcast: einzigartig anders, denn wir fragen genauer nach
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