„#Wirsindnichtda“ heißt die Aktion der RBB-Freien in der Woche vor der Bundestagswahl, zu der sich bereits über 360 Kolleg*innen eingetragen haben. Zum Auftakt gab es eine Demonstration vor dem RBB-Fernsehzentrum in der Masurenallee wie schon am 1. Mai zur Aktion „#FreiimMai“. Nach wie vor geht es vor allem um Beschäftigungs- und Honorarsicherung für die vielen freien Mitarbeiter*innen, ohne die ein gutes Programm beim RBB nicht möglich ist.
Seit vergangenen Freitag ist zumindest klar, dass der Sender mit der Delegation der Freien von ver.di und dem DJV in Verhandlungen tritt, auch wenn die Positionen noch sehr weit auseinanderliegen. „Bloß nicht geizen“ hatten denn auch Demonstrant*innen den RBB-Spruch „Bloß nicht langweilen“ abgeändert. „Ihr spart am falschen Ende“, so ein weiteres Protestplakat. Ein Flugblatt verglich den Sender gar mit der „Titanic“, was den Finanzkurs der Verteilung der Beitragseinnahmen betreffe. Der Sender steuere „direkt auf den Eisberg zu“. Statt mehr Geld in qualifiziertes Personal für fundierte Recherche zu stecken, investiere der RBB für die Transformation zum digitalen Medienhaus lieber „in Beton“, in ein viele Millionen teures Bauvorhaben für das Crossmediale News-Center (CNC) und seine „Contentboxen“.
Verhandelt werden soll nun über einen Beendigungsschutz für arbeitnehmerähnliche Mitarbeiter*innen, wenn sie seit Jahren beim RBB beschäftigt sind. Wie viele Jahre das allerdings sein sollen, ist die spannende Frage. „Entscheidend wird es sein, sich schnell auf eine angemessene Mindestbeschäftigungsdauer zu einigen“, heißt es dazu in den Eckpunkten für die anstehenden Verhandlungen. Andere Sender würden für das „X“ Werte bis zu 25 Jahren ansetzen. „Das kommt für uns überhaupt nicht in Frage, denn solche Fristen schließen fast alle Freien vom Beendigungsschutz aus. Der Bestandsschutz für nichtprogrammgestaltende Mitarbeiter*innen des RBB sieht beispielsweise drei Jahre vor.“
Unklar ist bislang auch, wie Absenzen wegen Eltern- oder Pflegezeiten bei Freien behandelt werden sollen, als Beschäftigungszeiten wie bei Angestellten oder nicht. Ein weiterer Punkt wird die Honorarabsicherung für Arbeitnehmerähnliche sein. Hier gibt es den Vorschlag , dass diese über 80 Prozent der bisher jährlich erwirtschafteten Honorare beträgt. Sie greife dann bei weniger Aufträgen, allerdings erst nach Ablauf des Jahres. Für die Verhandlungsdelegation der Gewerkschaften wird das als „völlig ungenügend“ bewertet. Damit müssten die Freien dem Sender „praktisch ein zinsloses Darlehen geben“, monierte auch Steffen Grimberg, DJV-Landesvorsitzender, bei der Kundgebung die nicht zumutbaren Vorstellungen des RBB.
Monique Hofmann, Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di, beglückwünschte die RBB-Freien zu ihrem Kampf um bessere Bedingungen, soziale Verantwortung des Senders, faire Bezahlung und sichere Jobs. „Das ist kein Kampf gegen Windmühlenflügel“, rief sie den mehr als 150 versammelten Freien zu, die mit Schildern, Fahnen und zum Teil auch mit Kindern vor das Fernsehzentrum gekommen waren. Freie wüssten zu kämpfen, schließlich leite sich der englische Begriff „Freelancer“ ursprünglich vom „Ivanhoe“-Roman von Sir Walter Scott ab, von den dort geschilderten Kämpfern der „freien Lanzen“ an der Seite von Richard Löwenherz. Ohne den Kampf, ohne den Druck durch die Aktion im Mai hätte sich der RBB nicht zu Verhandlungen bereit erklärt. Nun wurden die Weichen dazu am Freitag gestellt: „Das ist ein erster Erfolg!“ Klar sei, dass die Sender die Transformation zu digitalen Medienhäusern nicht ohne ihre freien Mitarbeiter*innen schaffen könnten, betonte Hofmann: „Wenn der RBB auch in Zukunft eine starke Stimme im öffentlichen Diskurs sein will, die für Zusammenhalt und Vielfalt steht, dann kann er es sich nicht leisten, an seinen Beschäftigten zu sparen.“
Moderator und Mitglied der Verhandlungsdelegation Christoph Hölscher hatte noch eine ganze Reihe weiterer Gäste und Solidaritätsadressen anzukündigen und zu verlesen, so von der Deutschen Welle oder dem ARD-Freienrat. Vom NDR überbrachte ver.di-Mediensekretär Peter Dinkloh die Aufforderung, einen „Dammbruch“ zu Ungunsten der Freien in allen Sendern mit zu verhindern: „Ihr zeigt, dass sich Widerstand regt!“ Die Freien seien nicht bereit, Existenzen dem Sparwillen von Intendanten zu opfern.
Über Aufmunterung von Seiten der Festen berichtete die Freien-Sprecherin vom Inforadio Birgit Raddatz und forderte nicht nur gleichen Lohn für gleiche Arbeit, sondern auch mehr Lohn für immer mehr Arbeit. Mitarbeiter aus der Grafik, dem Kulturradio, von „Brandenburg aktuell“ und der „Abendschau“ traten ans Mikrofon und betonten, dass es ihnen nicht leichtfalle, direkt vor der Bundestags- und der Berliner Wahl von der Arbeit fernzubleiben, aber der Umgang mit den Freien beim RBB sei ebenfalls eine wichtige, sogar eine Grundsatzentscheidung. Trotz des großen Einsatzes der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erführen sie weniger Wertschätzung, als eher das Gefühl, dass der Sender sie unbedingt auf Distanz halten wolle, ja geradezu Furcht vor ihnen habe. Das sei eine beschämende und absurde Behandlung wertvoller Mitarbeiter*innen. Deshalb sollten auch die Jüngeren mitkämpfen, denn die Zeiten würden ohne Kampf wohl eher härter als leichter.
Der Schutz des Staates, so Freien-Vertreter Christoph Reinhardt, gelte in diesem Land nur den Arbeitnehmer*innen, nicht den Arbeitnehmerähnlichen: „Nur durch Druck können wir daran etwas ändern.“